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Nein, das sagte er nicht. Aber wie ihn das Fräulein in der Gallerie herumführte, ich puzte eben den Staub von den Rahmen der Gemälde ab, stand er bey dem Portrait des seeligen Herrn plözlich still, wie vom Donner gerührt. Das gnädige Fräulein deutete drauf hin, und sagte: ein vortreflicher Mann! ja ein vortreflicher Mann gab er zur Antwort, indem er sich die Augen wischte.

Franz. Höre Daniel! Du weist, ich bin immer ein gütiger Herr gegen dich gewesen, ich hab dir Nahrung und Kleider gegeben, und dein schwaches Alter in allen Geschäften geschonet –

Daniel. Dafür lohn euch der liebe Herr Gott! und ich hab euch immer redlich gedienet.

Franz. Das wollt ich eben sagen. Du hast mir in deinem Leben noch keine Wiederrede gegeben, denn du weist gar zu wohl, daß du mir Gehorsam schuldig bist in allem, was ich dich heisse.

Daniel. In allem von ganzem Herzen, wenn es nicht wider Gott und mein Gewissen geht.

Franz. Possen, Possen! Schämst du dich nicht? Ein alter Mann, und an das Weynacht-Mährgen zu glauben! Geh Daniel! das war ein dummer Gedanke. Ich bin ja Herr. Mich werden Gott und Gewissen strafen, wenn es ja einen Gott und ein Gewissen gibt.

Daniel schlägt die Hände zusammen. Barmherziger Himmel!

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)