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seinen Geist auskeuchte, die Schaam schien ihr scheues Auge vor ihm zuzublinzen – du ruftest Wehe über ihn aus. Ruf dis Bild noch einmal ganz in deine Seele zurück, und Karl steht vor dir! – Seine Küsse sind Pest, seine Lippen vergiften die deinen!

Amalia schlägt ihn. Schaamloser Lästerer!

Franz. Graut dir vor diesem Karl? Eckelt dir schon vor dem matten Gemälde? Geh, gaff ihn selbst an, deinen schönen, englischen göttlichen Karl! Geh, sauge seinen balsamischen Athem ein, und laß dich von den Ambrosia-Düften begraben, die aus seinem Rachen dampfen! der blose Hauch seines Mundes wird dich in jenen schwarzen todähnlichen Schwindel hauchen, der den Geruch eines berstenden Aaases und den Anblick eines Leichenvollen Wahlplatzes begleitet.

Amalia wendet ihr Gesicht ab.

Franz. Welches Aufwallen der Liebe! Welche Wollust in der Umarmung – aber ist es nicht ungerecht einen Menschen um seiner siechen Aussenseite willen zu verdammen? Auch im elendesten Aesopischen Krüppel kann eine grose liebenswürdige Seele, wie ein Rubin aus dem Schlamme glänzen, boshaft lächelnd. Auch aus blattrichten Lippen kann ja die Liebe –

Freylich, wenn das Laster auch die Festen des Karakters erschüttert, wenn mit der Keuschheit auch

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Friedrich Schiller: Die Räuber. Frankfurt und Leipzig: 1781, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Schiller_Die_R%C3%A4uber_047.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)