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unablässig aus einem schimmernden Pokal (natürlich die Öffnung nach unten) hundertjährige Luft, die aus der Kabine eines Wracks stammte.

Alles war bereits angeheitert. – Die Toaste auf die Miesmuschel und ihren Bräutigam gingen in dem Knallen der Korkpolypen und dem Klappern der Messermuscheln völlig unter.

Das Seepferd und die Seerose saßen am äußersten Ende der Tafel, ganz im Schatten, und achteten in ihrem Glück kaum der Umgebung.

Der junge Mann drückte ihr zuweilen verstohlen den einen oder anderen Fühler, und sie lohnte ihn dafür mit einem Glutblick.

Als gegen Ende des Mahles die Kapelle das schöne Lied spielte:

„Ja, küssen, – scherzen
mit jungen Herrn
ist selbst bei Frauen
sehr modern,“

und sich dabei die Tischnachbarn der beiden verschmitzt zublinzelten, da konnte man sich dem Eindruck nicht verschließen, daß die allgemeine Aufmerksamkeit hier allerlei zarte Beziehungen mutmaßte.

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Gustav Meyrink: Orchideen. München o. J., Seite. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Orchideen_Meyrink.djvu/096&oldid=- (Version vom 31.7.2018)