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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

auch die Tiefen gehören: denn die Tiefe ist nur eine Höhe unter uns, so wie die Höhe eine Tiefe über uns genannt werden kann. Daher die Lateinischen Dichter auch keinen Anstand nehmen, den Ausdruck profundus auch von Höhen zu gebrauchen:

ni faceret, maria ac terras coelumque profundum
quippe ferant rapidi secum. –

Höhen erscheinen durchaus erhabener, als gleich große Längen, wovon der Grund zum Theil darinn liegt, daß sich das dynamischerhabene mit dem Anblick der erstern verbindet. Eine bloße Länge, wie unabsehlich sie auch sey, hat gar nichts furchtbares an sich, wohl aber eine Höhe, weil wir von dieser herab stürzen können. Aus demselben Grund ist eine Tiefe noch erhabener als eine Höhe, weil die Idee des Furchtbaren sie unmittelbarer begleitet. Soll eine große Höhe schreckhaft für uns seyn, so müssen wir uns erst hinaufdenken, und sie also in eine Tiefe verwandeln.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_178.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)