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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

Zwischen zwey Liebhabern sah’ ich eine sittsam stolze Schöne und bey ihr den Herrn, der die Menschen und die Götter beherrscht; zur einen Seite stand ihr die Sonne, zur andern ich! In die Sphäre des schönern Geliebten sich eingeschlossen fühlend, wandte sie freundlich den Blick auf meine Augen – möchte Sie doch nie grausamer gegen mich gewesen seyn! Plötzlich wandelte sich die Eifersucht, die auf den ersten Blick ein so erhabener Nebenbuhler in meinem Herzen erregt hatte, in Freude um! Sein bethräntes, trauriges Gesicht umschleyerte ein Wölkchen; so sehr kränkte Ihn mein Sieg!

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Ein schönes Sonnett, voll Feinheit der Empfindungen und des Ausdrucks, voll der lieblichsten Bilder! Selbst Tassoni, der Krittler, läßt ihm volles Recht widerfahren.

Aber nicht leicht ist es zu verstehen – man muß sich ganz in die Lage des Dichters hineindenken, welche diese war: Als ihm einst Laura begegnete, that die Sonne eben einen hellen Blick; Laura war also zwischen der Sonne und zwischen Petrarch. Dieß Blicken der Sonne stellt sich Petrarch so vor, als hätte die Sonne Vergnügen daran, die Laura anzusehen. (Wer

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_089.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)