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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

Die Vorstellung der Pflicht bestimmt ihn in diesem Falle als Motiv, und sein Leiden ist eine Willenshandlung. Oder unmittelbar und nach dem Gesetz der Nothwendigkeit, wenn er eine übertretene Pflicht moralisch büßt. Die Vorstellung der Pflicht bestimmt ihn in diesem Falle als Macht, und sein Leiden ist bloß eine Wirkung. Ein Beyspiel des ersten gibt uns Regulus, wenn er um Wort zu halten, sich der Rachbegier der Karthaginienser ausliefert; zu einem Beyspiel des zweyten würde er uns dienen, wenn er sein Wort gebrochen und das Bewußtseyn dieser Schuld ihn elend gemacht hätte. In beyden Fällen hat das Leiden einen moralischen Grund, nur mit dem Unterschied, daß er uns in dem ersten Fall seinen moralischen Charakter, in dem andern bloß seine Bestimmung dazu zeigt. In dem ersten Fall erscheint er als eine moralisch große Person in dem zweyten bloß als ein ästhetisch großer Gegenstand.

Dieser letzte Unterschied ist wichtig für die tragische Kunst und verdient daher eine genauere Erörterung.

Ein erhabenes Objekt, bloß in der ästhetischen Schätzung, ist schon derjenige Mensch,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_055.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)