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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

gerechte Vorsicht bestehen und das alles ungestraft geschehen lassen? Nein! sie bestehet nicht; sonst hätte ein Hildebrand nie das Licht des Tages erblicket; oder ein Donnerkeil hätte ihn in eben dem Augenblicke zu Boden geschmettert, als er den Fuß auf die Stufen des päpstlichen Thrones setzte.

Treuhold. Und doch, dünkt mich’s, könne trotz dem allen, eine gerechte Vorsicht bestehen. Der allmächtige Schöpfer verschiebt seine Strafen nur, die aber früh oder spät gewiß erfolgen. Starb nicht selbst Hildebrand im Elende? – Auch an Euren Söhnen wird der Himmel den Undank rächen, den sie an Euch verüben.

Heinrich. Wird er das? Glaubst du es? – – Nein, er soll es nicht! Mag ihnen Gott verzeihen; so wie ich ihnen vergebe. Zwar herb ist der Wermuth, den sie in die Schaale meines Lebens gossen – – Aber doch sind sie mein Blut – meine Kinder! – Nie würden sie so tief gesunken seyn, hätte sie nicht die Schlange der Priesterschaft verführet! Die speite Gift in ihre unbefangenen Seelen, machte den Saamen des Bösen in ihrem Herzen aufkeimen, und zerhaute mit dem Schwerte eines lügenhaftverdrehten Glaubens die heiligen Bande der Natur.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_008.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)