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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.

Treuhold (kommt zurück.) Da, gnädiger Herr! Labt Euch! Es ist kühles, reines Wasser. Ihr müßt schon aus meiner Blechhaube trinken. Ich habe kein anderes Gefäß Euch darzureichen.

Heinrich. Ach, gieb – gieb nur! (trinkt.) Dank dir, lieber Treuhold! – O, wie das mundet! besser als der köstlichste Wein, den mir einst mächtige Fürsten in goldenen Bechern reichten – Aber warum, guter Junge! schauest du so traurig auf mich? – Was soll dieser Blick des Mitleids? – diese Thränen, die auf deinen Augenwimpern schimmern?

Treuhold. Gnädiger Herr! Ich bin im Küraß zum Mann gewachsen, habe in blutigen Fehden und schrecklichen Schlachten gekämpfet: habe Vater und Brüder an meiner Seite hinstürzen und das Blut aus meinen eignen Adern fließen gesehen: Aber nie kam eine Thräne in meine Augen – und nun, wenn ich Euch betrachte; wenn ich all die zahllosen Ungerechtigkeiten überdenke, die man an Euch verübte; so muß ich weinen, wie eine schwache Dirne, wie ein Bube unter den Streichen der Ruthe.

Heinrich. Gott wird dir’s lohnen, biederer Knappe! daß du deinem unglücklichen Kaiser

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Vierter und letzter Band, welcher das vierte fünfte und sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band4_005.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)