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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

vorgeschrieben hat. Die erste Foderung an den Menschen macht immer und ewig die Natur, welche niemals darf abgewiesen werden; denn der Mensch ist – ehe er etwas anders ist – ein empfindendes Wesen. Die zweyte Foderung an ihn macht die Vernunft, denn er ist ein vernünftig empfindendes Wesen, eine moralische Person, und für diese ist es Pflicht, die Natur nicht über sich herrschen zu lassen, sondern sie zu beherrschen. Erst alsdann, wenn erstlich der Natur ihr Recht ist angethan worden und wenn zweytens die Vernunft das ihrige behauptet hat, ist es dem Anstand erlaubt die dritte Foderung an den Menschen zu machen, und ihm, im Ausdruck, sowohl seiner Empfindungen als seiner Gesinnungen, Rücksicht gegen die Gesellschaft aufzulegen, und sich – als ein civilisirtes Wesen zu zeigen.

Das erste Gesetz der tragischen Kunst war Darstellung der leidenden Natur. Das zweyte ist Darstellung des moralischen Widerstandes gegen das Leiden.

Der Affekt, als Affekt, ist etwas gleichgültiges, und die Darstellung desselben würde, für sich allein betrachtet, ohne allen ästhetischen Werth seyn; denn, um es noch einmal zu wiederhohlen,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 372. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_372.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)