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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

mit der Gewißheit, ihm nicht entfliehen zu können, würde es den meisten Menschen, weil die meisten doch weit mehr Sinnenwesen als Vernunftwesen sind, durchaus unmöglich machen, mit dieser Vorstellung soviel Ruhe zu verbinden, als zu einem aesthetischen Urtheil erfodert wird – wenn nicht der Vernunftglaube an eine Unsterblichkeit, auch noch selbst für die Sinnlichkeit, eine leidliche Auskunft wüßte.

Aber man muß dieß nicht so verstehen, als ob die Vorstellung des Todes, wenn sie mit Erhabenheit verbunden ist, diese Erhabenheit durch die Idee der Unsterblichkeit erhielte. – Nichtsweniger! – Die Idee der Unsterblichkeit, so wie ich sie hier annehme, ist ein Beruhigungsgrund für unsern Trieb nach Fortdauer, also für unsere Sinnlichkeit, und ich muß einmal für allemal bemerken, daß bey allem, was einen erhabenen Eindruck machen soll, die Sinnlichkeit mit ihren Foderungen schlechterdings abgewiesen worden seyn, und aller Beruhigungsgrund nur in der Vernunft zu suchen seyn müsse. Diejenige Idee der Unsterblichkeit also, wobey die Sinnlichkeit gewissermaßen noch ihre Rechnung findet (wie sie in allen positiven Religionen aufgestellt ist) kann gar nichts dazu beytragen, die Vorstellung des Todes zu einem erhabenen Gegenstand

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_340.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)