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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

mit einem weiblichen Engel. Und Freunde müssen sie gewesen seyn, romantische Freunde, wie Orest und Pylades. – Denk dir dazu den braven Sickingen wie er in seinem Schlosse einem großen Manne nach dem andern Zuflucht und Hülfe schaft, wie der ehrwürdige Greiß Reuchlin bey ihm seines Lebens wieder froh wird; wie der Held mit Roß und Mann in Heilbronn eindringt, und seinem Götz Luft macht; wie er, getreu seinem herrlichen Wahlspruche, überall dem Gekränkten wider den Unterdrücker beyspringt; und wie alles brennt und flammt was Hutten in Sickingens Burg niederschreibt. – Ach Constantin, wenn ich sehe wie mächtig in diesem Zeitraume alles nach Thätigkeit rang, wie Luther, Hutten, Erasmus, Melanchton, Pirkheimer und die ganze edle Schaar sich mit Vorurtheilen herumschlug, wie Herkules mit der lernäischen Hydra, wie die Männer voll Selbstständigkeit mit Feuerzungen redeten und mit Donnerkeilen in der Faust handelten; dann möchte ich mich hinsetzen und weinen, daß wir so schlaff und entnervt sind.

Sobald die Sonne aufgieng, eilte ich, die majestätischen Ruinen des hiesigen Schlosses zu betrauern. Fürchterlich muß der Tag gewesen seyn, an dem eine Horde gallischer Barbaren es wagen konnte, ein so herrliches Werk zu vernichten,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_275.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)