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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

ich sah niemand als den Pater Pförtner, einen braven jungen Mann der erst kürzlich von Maynz hieher versetzt war. Er führte mich in seine Zelle, wo ich einen Todtenkopf unter neuern, vernünftigen Erbauungsbüchern aufgestellt fand, der dem sonst ziemlich engen Raume ein sonderbares Ansehen gab. Im Nebenzimmer hatte der Fromme eine kleine Schlosserwerkstatt, die mich überraschte und mich noch mehr für den Mann einnahm. Wir sprachen über verschiedene Gegenstände und kamen endlich auf Luther. Nun glänzte auch der denkende und gelehrte Kopf. Er war genau bekannt mit der Geschichte jener großen Kirchenrevolution und hatte Respect vor den Männern die sie bewürkten. Auch gefiel ihm Schmidts Hypothese nicht, er glaubte die Welt hätte sich eben so gut verschlimmern als verbessern können, wenn Luther nicht einmal wieder öffentlich Lärm geblasen hätte. Hier war ich nun ganz seiner Meinung. Mich dünkt, die Geschichte zeigt nur zu deutlich, daß die Seelenmasse des Universums, so gut als das irdische Conglomerat desselben, dann und wann gewisser gewaltsamer Erschütterungen bedarf, um die Lebensgeister wieder ein wenig aufzufrischen. Unsre Zeiten wären unstreitig noch nicht so hell, als sie jedem gesunden Beobachter erscheinen müssen, wenn nicht Männer aufgestanden wären,

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_266.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)