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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

verrichten, sondern ein sittliches Wesen zu seyn. Nicht Tugenden sondern die Tugend ist seine Vorschrift, und Tugend ist nichts anders „als eine Neigung zu der Pflicht.“ Wie sehr also auch Handlungen aus Neigung und Handlungen aus Pflicht in objektivem Sinne einander entgegen stehen, so ist dieß doch in subjektivem Sinn nicht also, und der Mensch darf nicht nur, sondern soll Lust und Pflicht in Verbindung bringen; er soll seiner Vernunft mit Freuden gehorchen. Nicht um sie wie eine Last wegzuwerfen, oder wie eine grobe Hülle von sich abzustreifen, nein, um sie aufs innigste mit seinem höhern Selbst zu vereinbaren, ist seiner reinen Geisternatur eine sinnliche beygesellt. Dadurch schon, daß sie ihn zum vernünftig sinnlichen Wesen, d. i. zum Menschen machte, kündigte ihm die Natur die Verpflichtung an, nicht zu trennen, was sie verbunden hat, auch in den reinsten Aeusserungen seines göttlichen Theiles den sinnlichen nicht hinter sich zu laßen, und den Triumph des einen nicht auf Unterdrückung des andern zu gründen. Erst alsdann, wenn sie aus seiner gesammten Menschheit als die vereinigte Wirkung beider Principien, hervorquillt, wenn sie ihm zur Natur geworden ist, ist seine sittliche Denkart geborgen, denn so lange der sittliche Geist noch

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_180.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)