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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

     Vernimm du, Wesen! das ich ewig liebe,
Dies Herz erträgt den bittern Kampf nicht mehr!
Vergebens rang es mit Vernunft und Liebe,
ihr Widerspruch wird seiner Kraft zu schwer!

25
     Was soll, Geliebte! ohne dich das Leben,

dies bange Traumgebild, was soll es mir?
Wo einer lacht, wenn tausend andre beben;
Was kann ich lieben, wünschen – außer dir?

     Ich eil’ hinaus, ins schaudervolle Oede!

30
Verändrung ist für mich Verbesserung!

Und glüht mir jenseits keine Morgenröthe,
Der Grabesnacht entblüht Beruhigung!

     Ich lechze auf nach hellern Lebensblicken!
Gewißheit blüht aus der Verwesung Staub!

35
Dort will ich mir die Aetherblume pflücken –

Zu lange war ich hier des Wahnes Raub!

     Schon seh ich Thau aus jener Wolke sinken
Schon fühl ich mich vom Morgenhauch umbebt
Wenn dieses Sternes letzte Stralen blinken,

40
Dann hat dein treuer Jüngling ausgelebt.


S. S.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_109.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)