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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

42.

Die Jungfrau gleicht der jungen Rose,

330
Die in des stillen Gartens Schoose,

Aufblüht in still verborgner Zier.
So lang kein Schäfer naht, noch Heerden von der Aue,
Wiegt sie die linde Luft, im zarten Morgenthaue,
Zum Schmuck dient Erd’ und Wasser ihr.

335
Und Jünglinge und liebevolle Schönen,

Erwählen sie, um Brust und Stirn zu krönen.

43.

Doch kaum ist sie getrennt vom mütterlichen Strauch,
Kaum von dem grünen Stiel gepflücket,
So flieht der Menschen Gunst, so flieht des Himmels Hauch,

340
Und alle Grazien, die sie vordem geschmücket,

So schnell verblüht der Jungfrau Werth,
In Männer Herzen, die einst für sie glühten,
wenn sie der Unschuld holde Blum entbehrt;
O, wie ihr Auge soll sie sie behüten!

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_104.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)