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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

welcher eigentlich der Montanvert heißt, war das Ziel, dem wir uns näherten, wiewohl heftige Windstöße die lezten Tritte erschwerten, und der schreckliche Anblick des Dru uns vom Fortgehn abzuhalten schien. Der Montanvert ist 428 Toises, 2568 franz. Fuß über das Thal von Chamouni erhaben; diese Höhe hatten wir in 31/4 Stunden erstiegen. Zuerst fanden wir eine einsame Hütte, bewohnt von einem Savoyarden. Höher als diese, steht noch eine an dem Platze, wo die beste Uebersicht des Eismeers ist. Ein Engländer Blair ließ sie von rohen, unbeworfenen Steinen bauen zum Schutze für Regen und Wind, und zum Ruhort für ermüdete Wandrer. Wir setzten uns darinnen nieder, nachdem wir eine Zeitlang vor derselben in das Eisthal hinab gesehn hatten. In die Bänke und den Tisch, so wie in die Pfosten und Balken waren unzählige Nahmen von Menschen aus allen Nationen eingeschnitten. Unser Eßvorrath wurde nun ausgepackt, und mit dem größten Appetit verzehrt. Eine schmakhaftere Mahlzeit hatte ich nie gehalten, und es kam noch ein Desert wie herbeygezaubert dazu. Wer denkt in dieser Wildniß, an dieser Gränze des ewigen Winters, an Kirschen? Eben der Savoyard brachte uns einen Teller voll aus seiner Hütte. Mag die Gewinnsucht immerhin die Ursache dieser Ueberraschung seyn, wir vergaßen

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_025.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)