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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält.

vorzüglich die Aufmerksamkeit der Reisenden auf sich zieht, der Nant d’Arpenaz. Wer sollte glauben, daß er 858 Fuß fast senkrecht herabstürzt? Als ich vom Wege an dieser Cascade herauf sah, mußte ich mich fast zwingen, diese angegebene Höhe nicht zu bezweifeln, da sie von sichern Männern gemessen worden ist. Weil das Auge hier an ungewöhnliche Höhen gewohnt ist, weil ringsumher alle Formen der Berge colossalisch groß sind, und keine niedrige Gegenstände neben ihnen zum Vergleiche stehn, so erscheinen die erhabensten Dinge in verjüngtem Maaßstabe. Der Nant d’Arpenaz bricht aus einem sonderbar gestreiften hohen Felsen hervor; der dünne, milchweise Wasserstreif rinnt eine lange Strecke herab, bis eine Höhlung im Felsen seine Rinne abschneidet; in feinen Staub aufgelöst, erreicht er erst weiter unten wieder die Wand. Den Morgen, als wir ihn zuerst sahn, störte die Stille der Luft seinen Lauf nicht; auf der Rükreise aber wehte der Wind das Staubwasser wie ein weißes Band auf die Seite, und der Felsen war ringsherum genäßt. Vielleicht ist es eben diese Erscheinung, welche den Nant d’Arpenaz bemerkungswürdig macht, oder die ungewöhnlichen bogenförmigen Schichten des Felsen. Mir gefiel ein andrer Wasserfall eine halbe Stunde weit von jenem viel besser. Er ist

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1793, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band3_009.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)