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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Campobello.

Nur in Gottes des Herren Namen, nur Signora, bitte ich Sie, halten Sie ein, wenn Sie sich dem schreklichen Punkte ihrer Geschichte nähern, den ich voraussehe. Ich zittre für Sie, jeder Umstand hat mich erschüttert, aber – Himmel! wo ist Fioretta, wo ist meine Tochter?

Fioretta’s Sitz war leer, man sah sie nicht in dem Zimmer, fand sie nicht auf dem langen Gange, der Graf rief, Bianca rief, die Kleine war verschwunden. Schon wollte Campobello nach dem Burgplatze gehen, wo itzt alles eingeschlummert zu seyn schien, als er beym Scheine des sterbenden Feuers, seine Fioretta allein und todblaß unter den Säulen der großen Halle stehen fand. Eine unbekannte Lampe brannte neben ihr, es regte sich etwas im nächsten Winkel. Campobello eilte mit Freudengeschrei zu seiner Tochter, weinend sank sie in seine Arme, konnte nicht sprechen, nur stammeln, ihre Augen kündigten einen innerlichen Kampf an, sie zitterte heftig am ganzen Körper. Man brachte sie zurück ins Zimmer und Bianca’s liebkosende Hülfe ermunterte sie bald, aber niemand konnte sie zum Sprechen bringen, jede Frage beantwortete sie mit einem Strom von Thränen. Endlich ließ der alte Graf seine Fioretta in Ruhe, und bat Bianca, ihre Geschichte

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_403.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)