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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

hinauflispelte, schien ihr die Gegenwart eines furchtbaren Geistes zu verkünden. Der Graf bemerkte das ängstliche Herzklopfen seines Lieblings, der sich jetzt immer näher an ihn drängte, und scherzte leise über den verlornen Muth des liebenden Mädchens. Aber Fioretta riß sich loß, seufzte tief, ging im Zimmer umher und lehnte sich endlich an das Fenster, welches in den Schloßgarten ging, wo sie keine schreckliche Ruinen sah, sondern lauter sanfte, lieblich mit Mondlicht verschmolzene Bilder. Hier überließ sie sich einem unbeschreiblichen Gefühle, zusammengesetzt aus schwärmender Liebe und der Ahndung einer traurigen Zukunft. Graf Campobello und Signora Bianca setzten unterdessen ihr Gespräch fort, und blickten nur verstohlen auf die arme schwermüthige Fioretta.

Bianca.

Ach, Signor, es war eine Zeit, wo der Anblik einer Lilie oder Rose alle Wünsche meines Herzens befriedigte, wo ich mit jedem Blumenkranze den geheimnißvollen Zirkel meiner unschuldigen Freuden zusammenband, und am Busen meiner Freundinnen ein wahres Elysium schwärmte. Damals lebte ich noch am Fuße des Aetna, in einer himmlischen Gegend.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_393.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)