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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

erklärt alle diese Erscheinungen.“ – – Ganz verwundert über diese Argumentation, sagte ich: das ist nun wohl recht schön philosophirt, weise Diotima; aber, sag mir doch, verhält es sich auch so in der Wirklichkeit? – Darauf antwortete sie mir ganz im Geiste eines Eingeweihten[1] – – „Das kannst du ganz sicher glauben, Sokrates. Ohne das zu verstehen, was ich dir eben gesagt habe, müßte dir die Ehrbegierde der Menschen, als etwas ganz vernunftwidriges, unbegreiflich vorkommen. Bedenke nur, in was für einen leidenschaftlichen Zustand diese Begierde, sich einen Namen zu machen und sich unsterblichen Ruhm zu erwerben, die Menschen sezt. Was sie selbst für ihre Kinder nie thun würden, sind sie im Stande für diese bloße Idee zu wagen. Keine Gefahr, kein Opfer, keine Mühseligkeit ist so


  1. Die folgende Rede selbst hat keineswegs das Gepräge, einer sophistischen Erklärung, in dem schlimmen Sinne des Wortes, den wir damit verbinden; wohl aber das Ansehen einer besondern Offenbarung aus den Mysterien der Philosophie der Liebe, worauf auch Diotima selbst anspielt, und was vielleicht auch hier durch τελειος (vergl. unten 28, 1.) angedeutet ist. Ich glaubte also das Wort Sophist hier in der Uebersetzung nicht brauchen zu müssen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_351.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)