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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Sokrates.

Und wenn der Starke stark, der Geschwinde geschwind, der Gesunde gesund zu sein begehrte, (falls sich jemand diesen Fall als möglich vorstellen könnte) so ist ja doch klar, daß jeder dasjenige, was er einmal besizt, er mag es nun begehren oder nicht, für jezt nothwendig besizt. Und wie könnte nun einer so etwas begehren? Vielmehr, wenn jemand sagte: Ich der ich gesund bin, wünsche gesund zu sein; ich, der ich reich bin, wünsche reich zu sein, und begehre folglich das, was ich schon habe; so würden wir ihm sagen: „Ja, lieber Freund, das heißt nichts anders als, du wünschest deinen jezigen Reichthum, deine jezige Gesundheit oder Stärke, auch in Zukunft zu besitzen; denn was die gegenwärtige Zeit betrift, so hast du alle diese Güter schon, du magst sie wollen oder nicht. Sieh also, ob, wenn du sagst: ich begehre das, was ich gegenwärtig schon habe, dies wohl etwas anders heissen könne, als: ich wünsche, daß dasjenige, was ich jezt besitze, mir auch in Zukunft bleiben möge.“ Würde er nun die leztere Bedeutung nicht einräumen müssen?

Agathon.

Ich sollte denken.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_331.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)