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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Punkt deine Meinung. Bezieht sich nicht der Begriff von Liebe, eben so wie der Begriff von Vater und Mutter, immer auf einen Gegenstand? Ich will sagen, so wie ich Vater und Mutter nicht denken kann, ohne einen Sohn oder eine Tochter zu denken; oder so wie ich bei der Vorstellung eines Bruders genöthigt bin, immer an einen Bruder oder Schwester dieses Bruders zu denken: muß ich mir nicht immer auch bei der Liebe einen geliebten Gegenstand denken?

Agathon.

Allerdings.

Sokrates.

Nun frag’ ich weiter. Muß nicht bei der Liebe immer auch eine Begierde nach dem geliebten Gegenstand statt finden?

Agathon.

Sehr wahr.

Sokrates.

Sezt denn nun aber das Streben der Liebe nach dem geliebten Gegenstande, oder die Begierde nach demselben, schon den Besitz des begehrten und geliebten Gegenstandes voraus, oder muß man annehmen, daß sie, so lange sie den Gegenstand begehrt, ihn noch nicht besitze?

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_329.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)