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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

Lidia.
Wie gut, daß uns in jedem bangen Schmerz

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der ew’gen Himmelskräfte Labung hold

erquikt! – so ist die Sage wohl auch richtig,
die ich schon oft vernahm, es heile schnell
die Brust, von allgewaltigem Verlangen
der Lieb’ in wilden Flammen aufgezehrt,

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durch einen Sturz vom Felsen Leukade’s

hinab, in Thetis blauen Schooß?

Xenokrates.
 Die Sag’
ist wahr. Nach einem Opfer, dem Apoll
gebracht, umkleiden seine Priester mit

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verschied’nen Flügeln fest den Liebekranken,

um sanfter ihn dem Meere zu vertrau’n;
also bewafnet stürzt er sich vom Fels,
der seine Scheitel in die Fluthen neigt.
Doch der geheilten Herzen Rettungsdank

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stieg selten zum Olymp – der Orkus faßte

die meisten auf in grause Dunkelheit.

Lidia.
Wer sagt, ob nicht in jener Schatten Nacht
der Liebe goldne Blumen sprossen? – Dank

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 279. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_279.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)