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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

auf alle nur mögliche Art entgegenwirken, wenn man nicht ein wahrer Stümper in seiner Kunst seyn will. Denn die ganze Heilkunde, wenn ich es mit einem mal sagen soll, ist nichts anders, als die Wissenschaft der in dem Körper liegenden Triebe zur Anfüllung und Ausleerung. Wer hier den gemeinen und den himmlischen Amor am besten zu unterscheiden versteht, der ist der beste Arzt, und wer den einen in den andern verwandlen, den bessern, wo er fehlt, einpflanzen, den schlimmern, wo er sich eingenistet hat, austreiben könnte, der wäre erst der wahre Meister seiner Kunst. Dazu wird aber nichts geringeres erfordert, als daß er die feindseligsten Dinge in Harmonie und Liebe zu bringen wisse. Unter den feindseligen Dingen verstehe ich nämlich die entgegengesetztesten, Warm und kalt, Bitter und süß, Trocken und feucht, und so weiter. Diese Weisheit verstand (so erzählen es wenigstens die Dichter, und ich kanns ihnen wohl glauben) unser Großvater Aeskulap, und ward dadurch der Schöpfer unsrer Kunst. Die ganze Arzneykunst wird also, wie gesagt, durch diesen Gott regiert. Eben so aber auch die Gymnastik und der Landbau; und daß auch die Musik unter demselben Einfluß stehe, muß jeder bemerken, der nur ein wenig nachdenkt. Vermuthlich ist dies auch der Sinn einer ziemlich dunkeln Stelle des Heraklit, wo er sagt: das Universum ist in sich

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_202.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)