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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

so entflieht er mit verächtlichem Blicke seiner schönen Worte und seiner Versprechungen spottend. Der edlere Liebende hingegen bleibt durch sein ganzes Leben beständig, denn was ihn fesselt, ist bleibend. Man kann also sagen, es sey bey uns Gesez: Man müsse die Liebenden erst aufmerksam prüfen; dann sey es erlaubt, den Edeln wieder zu lieben; und Pflicht, den Unedlen sogleich abzuweisen. [1] Dies sieht man auch daraus, weil es bey uns einem Geliebten zur Schande gerechnet wird, wenn er entweder den Liebenden zu bald erhört – er soll sich erst Zeit nehmen, verlangt man, um alles gehörig zu prüfen –;


  1. „Deswegen erlaubt das Gesez auch, dem leztern zu folgen und befiehlt, die erstern zu fliehen, nachdem man durch eine ernstliche und bedachtsame Prüfung sich überzeugt hat, zu welcher Klasse der Liebende und der Geliebte gehör!“ – Eine bloße Wiederholung des vorhergehenden, die weder eine Berichtigung noch eine Erweiterung, und noch überdies eine Ungereimtheit enthält, indem sie von Prüfen des Geliebten spricht, der doch selbst der Prüfende ist, dem hier eine Vorschrift, nicht zu seiner eignen Prüfung, sondern zur Prüfung seines Liebhabers gegeben wird. Offenbar gehört also dieser Zusaz (vergl. Schütz Lect. Plat. P. I.) einem Glossator, und wird mit Grund aus dem Texte verwiesen.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_196.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)