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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

– – nach ihm, mit breiten Schultern die Erde.

Ein nie wankender ewiger Grund das Ganze zu tragen;

Nach ihr Amor –“

Er behauptet also: Amor und die Erde seyen die zwey Wesen, die zunächst nach dem Chaos ins Daseyn gekommen. Parmenides aber sagt von seinem Ursprung:

„Unter allen Göttern zuerst erschuf er den Amor.“

Auch Akusilaus stimmt mit Hesiod überein. So hört man also von allen Seiten nur eine Stimme: Amor ist einer der ältesten Götter. Dieser Vorzug ist aber nicht sein einziger: er ist auch die Quelle unserer größesten Freuden. Ich kenne wenigstens kein größeres Glück für einen noch jungen Menschen, als einen edlen Liebhaber, und kein größeres für diesen, als einen edeln Geliebten zu finden. Denn zu großen und edeln Handlungen führt weder vornehmes Herkommen, noch Ehrenstellen, noch Reichthum, noch irgend etwas anderes, die Menschen so sicher, als die Liebe. Sie allein erzeugt ein richtiges Gefühl der Schaam vor dem Schändlichen und ein lebendiges Streben nach dem wahren Schönen – jene göttlichen Eigenschaften, ohne welche nie weder ein einzelner Mensch noch eine ganze Nation etwas Großes und Schönes vollbracht hat. Ein Liebender, der etwas schändliches

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_184.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)