Seite:De Neue Thalia Band2 009.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.

ich habe keinen Myrthenhain,
um dir in seinen dunkeln Schatten
den göttlichen Altar zu weihn,

115
und dir des Dankes Pflicht als Priester abzustatten.

Auch hat’s damit nicht Noth; du bist
des Aufwands, der nichts kosten würde,
der Mühe, die des Oberpriesters Bürde
mir doch wohl machen könnte, bist

120
des allen noch nicht werth, so lange

du deinem gränzenlosen Hange
zur obgedachten Kinderey gehorchst,
und nur ihn zu befriedgen sorgst.

     Was kömmt dabey heraus? man wird

125
am End’ verrückt, bey dieser Art zu lieben;

anstatt des Nachts zu schlafen, irrt
man bas geqält von ungereimten Trieben
im Mondenschein herum, und spricht
von Sturm und Drang, von Wonne, Glut und Beben;

130
man will im reinen Strom der Himmelswollust schweben,

und haßt, der Eule gleich, das Licht.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Zweyter Band, welcher das vierte bis sechste Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band2_009.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)