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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

gieng beständig in männlicher Kleidung, und unterhielt sich am liebsten mit Philosophen und Künstlern. Alle weibliche Beschäftigungen waren ihr zuwider, und sie vernachlässigte selbst die nothwendige Sorge für ihren Körper. Schon früh in ihrer Jugend übersah sie ihre Mutter, die sanftmüthige Eleonore, aber sie bezahlte die Liebe ihres Vaters mit der zärtlichsten Anhänglichkeit. Wenn er abwesend war, wechselte das noch nicht sechsjährige Mädchen in verschiednen Sprachen Briefe mit ihm, die er mit innigem Vergnügen las, und mitten unter dem Geräusch der Waffen und den überhäuften Arbeiten des Kabinets nie zu beantworten unterließ. Hätte Gustav länger gelebt, er würde gewiß manche scharfe Ecke in dem Charakter seiner Tochter abgeschliffen haben, welche durch die frühe Gewohnheit zu befehlen und das Bewußtseyn ihrer Ueberlegenheit über alle die sie umgaben, nur noch schneidender werden mußte.

Der Krieg mit Pohlen war schon vor der Geburt Christinens wieder angegangen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_354.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)