Seite:De Neue Thalia Band1 198.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

Aber auf der höchsten und letzten Stufe welche der moralischgebildete Mensch erklimmt; und zu welcher die rührende Kunst sich erheben kann, lößt sich auch dieser, und jeder Schatten von Unlust verschwindet mit ihm. Dieß geschieht, wenn selbst diese Unzufriedenheit mit dem Schicksal hinwegfällt. und sich in die Ahndung oder lieber in ein deutliches Bewußtseyn einer teleologischen Verknüpfung der Dinge, einer erhabenen Ordnung, eines gütigen Willens verliert. Dann gesellt sich zu unserm Vergnügen an moralischer Übereinstimmung die erquickende Vorstellung der vollkommensten Zweckmäßigkeit im großen Ganzen der Natur, und die scheinbare Verletzung derselben, welche uns in dem einzelnen Falle Schmerzen erweckte, wird bloß ein Stachel für unsre Vernunft, in allgemeinen Gesetzen eine Rechtfertigung dieses besondern Falls aufzusuchen und den einzelnen Mißlaut in der großen Harmonie aufzulösen. Zu dieser reinen Höhe tragischer Rührung hat sich die griechische Kunst nie erhoben, weil weder die Volksreligion noch selbst die Philosophie

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)