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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

weil sie freywillig und aus einem Beweggrund leiden, der sie in hohem Grade achtungswürdig macht. Hier also wird unser Mitleid so wenig durch widrige Gefühle gestört, daß es vielmehr in doppelter Flamme auflodert; bloß die Unmöglichkeit mit der höchsten Würdigkeit zum Glücke die Idee des Unglücks zu vereinbaren, könnte unsre sympathische Lust noch durch eine Wolke des Schmerzens trüben. Wie viel auch schon dadurch gewonnen wird, daß unser Unwille über diese Zweckwidrigkeit kein moralisches Wesen trift, sondern an den unschädlichsten Ort, auf die Notwendigkeit abgeleitet wird, so ist eine blinde Unterwürfigkeit unter das Schicksal immer demüthigend und kränkend für freye sich selbst bestimmende Wesen. Dieß ist es, was uns auch in den vortrefflichsten Stücken der Griechischen Bühne etwas zu wünschen übrig läßt, weil in allen diesen Stücken zuletzt an die Notwendigkeit appelliert wird, und für unsre Vernunftfodernde Vernunft immer ein unaufgelöster Knoten zurück bleibt.

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_197.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)