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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.

sich gewinnen kann. Gleichgültig gegen den Inhalt werden diese bloß durch die Form befriedigt. Sie vergeben eine Verletzung dieser selbst der gelungensten Wirkung nicht, und wollen lieber bey einer zweckmäßigen Anordnung den Zweck, als bey dem vollkommen erreichten Zweck die Zweckmäßigkeit der Mittel verlieren. In diesen sonderbaren Widerspruch artet öfters die feinste Kultur des Geschmackes aus, besonders wo die moralische Veredlung hinter der Bildung des Kopfs zurückbleibt. Diese Art Kenner suchen im Rührenden und Erhabenen nur das Schöne; dieses empfinden und prüfen sie mit dem richtigsten Gefühl, aber man hüte sich, an ihr Herz zu appelliren. Alter und Kultur führen uns dieser Klippe entgegen, und diesen nachtheiligen Einfluß von beyden glücklich besiegen, ist der höchste Karakterruhm des gebildeten Mannes. Unter Europens Nationen sind unsre Nachbarn die Franzosen diesem Extrem am nächsten geführt worden, und wir ringen, wie in allem so auch hier, diesem Muster nach.

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Friedrich Schiller (Hrsg.): Neue Thalia. Erster Band welcher das erste bis dritte Stück enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1792, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Neue_Thalia_Band1_125.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)