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Würtenberg etliche Gerechtigkeiten in der Statt / als das Schultheissen Ampt / Zoll / Vmbgelt / Frevel / Mahlmühlen / auß freyem Willen / jhr vbergeben / darfür die Statt ein gewisse Summa Gelts erlegt / vnnd hernach Käyser Carolus V. Anno 1520. derselben bestättiget. Vnd solche Jura, vnd Pfandschilling / haben vorhin dem Schloß Hohen Achalm / so oberhalb der Statt bey dreyviertel Stund Steigens liget / gehört / davon sich die alten Grafen von Achalm / vnd Pfulingen (welches Dorff Pfulingen noch vnter die Herrschafft Achalm gehörig / vnd ein Nonnenkloster hat) genant / deren der letzte Albertus noch vmbs Jar Christi 1300. gelebt hat. Folgends ist solches Schloß / wie auch das Schloß Hohenstauffen nahend Göppingen / Oesterreichisch gewesen / aber von selbigen Hertzogen Anno 1370. dem Cunraden von Rietheim Pfandsweiß versetzt / vnd folgends An. 1376. solcher Pfandtschilling von Graf Vlrichen zu Würtenberg gelößt worden.

An. 1519. den 16. Januar haben die Reutlinger den Würtenbergischen Vogt daselbst / so Hertzog Vlrichen von Würtenberg lieb war / erschlagen; vnd dieweil die Thäter von der Statt beschützet wurden / so hat die Statt gedachter Hertzog / belägert / vnd eyngenommen; daher jme den 26. Martij vom Schwäbischen Bund der Krieg angekündet worden / in welchem er auch vmb Land vnd Leut kommen / vnd im Elend sich betragen müssen / biß er Anno 1534. vom Landgraff Philipsen auß Hessen restituirt worden ist. Anno 1530. hat diese Statt / mit Nürenberg / vnter allen ReichsStätten / sich zu den Chur- vnnd Fürsten gehalten / vnd mit denselben Käyser Carln dem Fünfften / zu Augspurg / die Evangelische GlaubensBekantnuß vbergeben / darvon sie auch zur Zeit deß Interims nicht abgewichen seyn solle. Der Rath / so noch gemeldter Confession zugethan / bestehet von acht vnd zwantzig Personen; vnd hat Privilegium primae instantiae, vnd seine befreyte Richter / nämblich / Herrn Burgermeister vnd Rath der Statt Vlm / Eßlingen / vnd Schwäbischen Gmünd. So seyn auch die Reutlingische Bürger / vnd Vnterthanen / wider alle frembde Gericht befreyet / vnnd können nirgends / als allhie vor dem Stattgericht verklagt werden / es sey dann erweißlich / daß die Justitz aufgezogen / oder gar versagt worden. Es ist auch allhie eine Freyung / (so Käyser Maximilianus I. der Statt / wie beym Limnaeo tom. 4 in addit. ad libr. 7. pag. 298. seq. zu lesen gegeben) welche aber muthwillige Todschläger nichts hilfft, sondern allein denen zu gutem kompt / die einen vnversehenen Todtschlag begangen / welche sich jhr Lebenlang allhie sicher auffhalten können / also / daß man wider sie / noch auch jhre Güter / keinen Proceß außwürcken mag. Inmassen Crusius in seiner Schwäbischen Chronic / part. 3. libr. 12 cap. 18. berichtet / daß ein Burger zu Tübingen einen jungen Studenten / vnd Diener / einer armen Wittib Sohn / so deß Nachts außgeschickt worden / vnd der jhme gantz vnbekant gewesen / in einem Hinderhalt / muthwillig vmbgebracht habe / vnnd darauff hieher in die Freyheit geflohen; aber den 17. Mertzen / Anno 1572. allhie geköpfft worden seyn; weiln sich die hohe Schul deß vnschuldig entleibten angenommen / auch jhne vertheidigt / vnnd es zwar nicht ohne grosse Kosten / dahin gebracht / daß der vberwiesene Thäter / zur gebührenden Straff / ist gezogen worden. Diser Statt Monatlich einfacher ReichsAnschlag ist / 188. Gülden. Zu Vnderhaltung deß Cammergerichts setzet D. Beckers järlich 141. fl. in einer geschriebnen Verzeichnuß aber / hab ich nur 83. Gulden / 42. Kreutzer gefunden. Sie hat ein schöne grosse Pfarrkirchen / darinn zwo Orglen seyn / die / sampt dem GrabChristi / wol zu sehen. Neben dem vntersten Thor ist eine Capellen / Anno 1300. in die Ehr S. Nicolai erbawet / darinn man die Leichpredigten hält. Das Minoriten Kloster ist heutigs Tags das newe Spital. Es hat auch allda ein feines Rathhauß / darinn der Grafen / Herren / vnnd vom Adel / Wappen gemahlet stehen / so in obgedachter Schlacht / Anno 1377. geblieben seyn. Es ist daran ein Aries, oder alter Sturmblock / so vier vnd siebentzig Rincken hat; vnnd ist darvor ein schöner Brunnen. Der berühmbte Spital ist gleich darbey / in welchem ein fürchtiges Martis Bild zu sehen / welches die Innwohner / da sie noch Heyden gewesen / angebettet haben / darunter diese Wort stehen:

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_213.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)