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viertausend vierhundert vnd fünfftzig Schritt. Von Bregentz biß gen Lindaw / an die Brück / seyn drey tausendt ein hundert fünff vnd zwantzig Klaffter / oder sieben tausend dreyhundert vnnd dreyssig Schritt / wie einer gehet / sieben Werckschuh für eine Klaffter gerechnet: Jtem / ein vnd zwantzig tausend achthundert ein vnd sechtzig Werckschuh von Bregentz gen Lindaw zur See. Stumpfius sagt: Sey ein ringe (Schweitzerische) Meil Wegs vnter Bregentz / vnd vnter dem Wasser Leublach gelegen: Von Morgen hat sie dz Algöw / vom Abend das Schweitzerland / von Mittag / Graubünten / vnd von Mitternacht Schwaben. Theils führen den Nahmen von den vielen Lindenbäumen her / so vmb das Münster gepflantzet worden: (wie dann auch die Statt grüne Linden in einem weissen Schild führet.) Theils vom Anländen deß Grafen Adelberti von Rorbach / Käysers Caroli M. Verwandten / als er auf dem Bodensee in grosser Gefahr gewesen / vnnd doch endlich in diser Jnsul angeländet / die er auch daher Lendaw / Lendoam, oder Lendaugiam genandt / vnd das Kloster allhie vmbs Jahr Christi 810. zu erbawen angefangen habe / darin lauter Adeliche Personen / vnnd gantz frey seyn / vnd daher Freyfrawen genant werden / die gar keinen Orden / oder besondere Kleydung tragen / allein zu Chor gehen / die sichen Zeit lesen vnd singen / vnd wann sie wollen / sich verheuraten mögen / deren Aebbtissin der Zeit Namens Anna Christina / eine Fürstin deß Reichs / vnd der Römisch-Catholischen Religion zugethan ist / vnd jren Reichs-Anschlag besonders / auch ein Käyserliche Freyung: Jtem / viel Freyheiten / den Blutbann / vnd Macht zu Müntzen hat.

Es weiset ein Rodel / oder alturbar Büchlein vber deß Dorffs Riedoschingen in der Baar / Gerechtigkeiten sagendt / klärlichen auß: Daß / wann ein Vogtherr solchen Dorffs sterb / vnnd ein anderer gen Lindaw komme / allda von einer Fraw Aebtissin / die von jrem Stifft herrührende Lehen solcher Vogtey zu empfahen / daß hochgedachte Fraw Aebbtissin / jhme die Schlüssel / einen Tag / vnd eine Nacht / vber Wein / vnd Brodt / geben soll / wie der Autor deß Dißcurß von den Reichsvögten / am 106. Blat bezeuget. Jn dieses Klosters prächtigen Kirch seyn die Pfeiler / oder Säulen / jede von einem gantzen Stein Vnd hat solches Kloster Vrsach geben / daß hernach eine Statt dahin erbawet worden ist. Welche Statt erstlich vnter besagtem deß Grafen Adelberti, Rhätischen Herrn / vnd Landsfürsten hierumb / als eines deß Keyserl. Fränckischen Hoffs Dienstmanns (so deß Geschlechts der Graffen von Altorf solle gewest seyn) Kloster / so Keyser Ludovicus II. Anno 856. oder 66. bestättiget / gewesen / hernach an die Hertzogen in Schwaben / vnd endlich an das Reich kommen; von welchem / sonderlich dem Käyser Rudolpho I. sie mit vielen Privilegiis begabt / vnd wider der Aebtissin Sententz versehen worden / daß die Lindawer / nach ihrem Belieben / Burgermeister / vnd Amman / erwöhlen möchten / so mit dem Rath die Jurisdiction frey exercirten: Aber in wichtigern Sachen / als der Religion / Bündnuß / Krieg / ohne Vorwissen deß gantzen Volcks / vnd 8. Zunfftmeister / nichts fürnehmen solten / damit nicht ein Tyranney / oder Auffruhr / entstünde. Andere sagen: Daß sich die Lindawer von Graf Haugen von Bregentz mit 42. Marck halb Gold / vnnd halb Silber / ledig kaufft / vnd in die Jnsul / wo das Frawenkloster gelegen / begeben / vnd zu demselben Häuser gebawet haben / biß dise Statt endlich darauß worden. Der Ort da sie vorhin gewohnt / vnd der vor der Jnsul biß an den See herab erbawet gewesen / vnd Eschach geheissen hatte / war abgebronnen. Bey dem Thor / darvon die Brück hinüber ans Land gehet / sihet man noch einen wunder alten Thurn / so heutigs Tags die Heydenmawer genandt wird. Die Pfarrkirch ist zu S. Stephano. Der Spital ist sehr mächtig an Gut / vnd Leibeygenen Leuthen. So hat es auch schöne Gebäw in der Statt / vnd ist der Lufft allda gesundt / weil der Wind seinen freyen Gang hat; vnd ist der Orth für sich selbst gar lustig / vnd bequem gelegen / also / daß er etwan / der grossen Niderlag halber / allerhand Wahren / vnd grossen Wochenmarckt / so es vor diesem Krig allhie gehabt / dz Schwäbische Venedig ist genant worden. Es hat auch vil Brunnen in der Statt von gesundem Wasser / vnd vmb die Statt gegen Mitternacht Aecker / Wiesen / Gärten / Weinberg / vnnd viel Dörffer.

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Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_165.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)