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Vnnd vber diese Vier / noch sechs kleinere / ohne den Einlaß / welcher dann wol zubesichtigen / als ein schönes vnd wolangeordnetes Werck / so etliche Thor / vnnd ein Auffzugbrücken hat / so man oben alle auffziehen / vnd wider verschliessen kan / daß kein Wächter herab kommen darff / sondern man dardurch Nachtszeiten / wann alle Thor gesperret / einen Reysenden zu Pferdt / vnd zu Fuß in die Statt lassen kan. Beym Rothen Thor ist der doppelte Wasserthurn zu sehen / so ein künstliches Werck / dardurch das Wasser in die gantze Statt getrieben wird. Der erste Erbawer / Namens Johannes Felber / ist ein Burger von Ulm gewesen.

Anno 1563. im Decembri / ist ein groß Wild-Schwein / bey der Nacht / durch die Rinnen (in welcher das Brunnenwasser zwercks durch den Stattgraben vnter dem Rothen Thor geleytet wird / ) vnd durch das eyserne Gitter desselben / gar in den Wasserthurn hinder dem Hospital zum Heil. Geist kommen / vnd zuletzt mit grosser Gefahr / vnd harter Mühe / mit einer Axt gefället / vnd getödtet worden.

Vor dem Jacober Thor / vnd in selbiger Vorstatt / ist die Fuggerey / gleich mitten / so daher den Nahmen / weiln Vlrich / Georg / vnnd Jacob die Fugger / Gebrüder / hundert vnd sechs newe Häuser Haußarmen Leuten / so Bürger / zum besten gebawet / die gleich einem besondern Stättlein beschlossen / wie in der Augspurger Chronick stehet: Wiewol in der Fuggerischen geschriebenen Chronick solches allein Herrn Jacob Fuggern zugeeygnet / vnd gesagt wird / daß er vmbs Jahr 1519. etliche viel Gärten / Höf / vnd Häuser erkaufft / vnd hundert vnd zehen Gemach da erbawet / darinnen allein Haußarme Leut / so das Allmusen nit nehmen / jährlich einer vmb ein Gülden vnterhalten werden. Zu Anfang deß 1642. Jahrs / waren zwey vnd fünfftzig Häuser / welche aber nicht alle besetzt / weiln Mangel an Leuten / vnnd waren noch zwey absonderliche / so keine Zahlen / darinn die Verwalter / vnnd in dem einen sonst ein Fuggerischer Diener gewohnet hat. Jedes der besagten zwey vnd fünfftzig Häußlein / hat zwey Gemach / das vntere ein Höfflein / oder Gärtlein / das obere aber darfür einen Boden.

Gibt ein Gemach deß Jahrs ein Gülden Zinß: Vnnd wann ein Genoß von dem andern stirbt / so bleiben Wittiber vnd Wittib / ohnvertrieben: Wann aber ein solche Person sich wid verheuratet / so muß sie alßbald herauß. Vor diesem hat man niemand / als Wittibstands / hinein genommen / vnd dieselbe haben allezeit auff S. Marxtag / weil das Kirchlein in dieser Fuggerey also heißt / müssen zinsen: Vnd wann eines den Zinß gebracht hat / hat man ihme sechs Creutzer zum Kirchweyhs-Muß darvon verchret. Sonsten haben wolgedachte Herren Fugger / in der Statt herrliche Palläst / in welchen schöne Sachen / Bibliothecken / Kunststücke / Gärten / Wasserwerck / vnnd anders / zu sehen. Wie dann allhie ins gemein ansehenliche Häuser / allerhand Antiquitäten / Kunstkammern / Monimenta, Inscriptiones, Lustgärten / vnd dergleichen denckwürdige Sachen seyn: Da auch alles (wiewol der Wein / so von andern Orten dahin gebracht wirdt / zimlich thewer / vnd die Maß klein / hergegen gutes Bier da ist) was der Mensch bedarff / oder ersinnen / vnd begehren mag / zubekommen: Daß daher einer von dieser schönen / lustig / zierlich / wolerbaweten / saubern / gantz bequem gepflasterten / mit höfflichem Volck / vnnd sonderlich schönen Weibspersonen / künstlichen Handtwerckern / vnnd dergleichen / begabten Statt nicht vnrecht gesagt hat:

Augusta sunt hic, omnia & inclyta,
Quaecunque cernis; templa, domus, fora,
Turres, & horti, porticusque,
Moenia, & hospitia, & tabernae.
      Augustior Respublica nobilis,
Virtute praestans & sapientia:
Formis puellarum, virumq,
Mitibus ingeniis abundans, etc.

Wiewol bey etlichen Jahren sich viel allhie geändert hat / auch diese Statt vor Zeiten volckreicher / als jetzt / gewesen ist / als daselbst Anno 1549. von Kindern 1705. getaufft worden / vnnd 1227 gestorben seyn / da doch kein Pest / oder dergleichen Kranckheit / damals allhie regirte / wie in G. Braunen Theatro Urbium stehet.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Sueviae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1643/1656 (Faksimilenachdruck 1925), Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Sueviae_028.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)