Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 081.png

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dergleichen herauß / vnnd hieher gen Cur bringen. Vnd seyn die Innwohner / so der Catholisch / vnd auch der reformirten Religion / gütig vnd trewhertzig / die den Frembden / sonderlich den Teutschen / begehren gutes zuthun. Vnd ist auch die Spraach allhie Teutsch / vnd Welsch. Es hat da 5. Zünfften / auß welchen siebentzig in den Grossen / vnd dreyssig in den kleinen Raht erwehlet werden / deren fünffzehen / oder der halbe Theil / regieren / vnd Rathsherrn genannt werden. Vnd dieser kleine Raht handelt auch in Ehesachen / die Criminalia aber werden von dem gesampten Raht der dreyssig erörtert / vnnd hat darbey der Stattvogt die Oberstell. Darneben ist auch noch ein besonders Stattgericht / vor welchem man Burgerliche / vnnd Geltsachen / abhandelt. Es seyn da zween Burgermeister / deren Gewalt / durch Abwechslung / ein Jahr währet. Es hat guten roht- vnd weissen Weinwachs vmb die Statt / gegen Orient. So findet man in den Bergen / Gemsen / Steinböck / Murmelthier / Geyren / Steinhüner / Aurhanen / Fasanen / Parnisen / weisse Hasen / etc. Anno 1464. ist die gantze Statt / biß auff drey Gottshäuser / abgebronnen.

Was das Bisthumb zu Chur anbelanget / (dessen Wappen ein Steinbock / so das Stifft von den abgestorbenen Graffen zu Chur / Toscanischen Herkommens / ererbt hat) so ist die Christliche Religion zeitlich allhie durch Lucium, Königs Coilli in Britannien Sohn / vnd deß Marii, oder Mannii Enckel / vnnd Arviragi, Vrenickel / gepredigt worden / welcher sein Königreich verlassen / vnnd sich deß Predigampts vnternommen hat / so mit den vhralten Schrifften deß hohen Stiffts Chur / vnd vielen andern Scribenten / wider die / so diesen Lucium für einen andern halten / zuerweisen. Er ist anfangs in Nider Rhaetien / vnd nach Augspurg / vnnd dannen in die alte grawe Rhaetien kommen / in welcher Reyß er vber den Bühel / ob dem Schl. Gutenberg gezogen: Dannenhero es daselbst noch heut bey Tag S. Lutzissteig genannt wird. Als er aber in die Gelegenheit / da nachwerts die Statt Chur erbawt worden / ankommen / hat er daselbst herumb / mit sampt dem Christlichen Frawenbild S. Emerita (so Theils seine Schwester nennen /) offentlich geprediget. Es ist aber S. Emerita gleich darauff zu Trimmis / oder Trimontii, einem Schloß / vnd Flecken bey einer halben Meyl vnter Chur gelegen / mit der Marter deß Fewers gekrönet worden: Lucium aber ließ der Landvogt auff dem obgedachten Schloß Marsöil / auch hinrichten / daß er also nicht in Engelland / (oder Schotten) wie etliche Scribenten (darunder Polid. Vergil.) wollen / sondern allhie / vnd zwar ohne Leibserben / gestorben / so vmbs Jahr Christi 176. oder 179. (al. 183.) geschehen seyn solle: Deß Bisthumbs Anfang aber wird vmbs Jahr 440. nicht viel vor / oder nach / gesetzt. Die Herrn deß hohen Stiffts Chur haben zwar in ihrem Bischoff-Register Pruritium für den Ersten / da man doch anderstwo Asimonem vor ihme gewest zuseyn befindet / dann seiner zu den Zeiten deß Chalcedonensischen Concilij, Anno 451. gehalten / Meldung geschicht. Nach diesem Asimone, kompt so dann sein Lehrjünger Puritius, oder Pruritius, deme Claudianus, Ursicinius, Sidonius, Eddo, Valentianus, Paulinus, Theodorus, Verendarius, Constantius, Ruthardus, Baldebertus, Paschalis, succediert / so der 14. Bischoff in der Ordnung allhie / vnd ein Graff von Bregentz gewesen / welcher im Ehestand gelebt / vnd war sein Gemahlin Esopeja, ein geborne Gräffin von HohenRealt / deren viel Meldung geschicht in alten Instrumenten / vnd Brieffen / darinnen sie sich offt vnterschrieben / vnd selbsten Antistitam Curiensem, das ist / ein Vorsteherin der Kirchen Chur / genambset hat. Vnd daher kompt es / daß etliche diese Aesopeiam, Episcopiam heissen: Andere aber / daß Aesopeia, vnd Episcopia, zwo vnderschiedliche Personen gewest seyen / vermeynt haben. Diese beyde Ehemenschen haben ehelich erzeuget / vnnd beyeinander geboren / zwo Töchtern / vnd einen Sohn / der Victor genannt / vnnd nach dem Vatter der fünffzehende Bischof allhie ward. Die Tochter Vespula ist die erste Aebtissin in dem / von ihren Eltern / vnnd Bruder / fundierten / Kloster Kaz in Domläschg / vnd ihre Schwester Ursicina ein Stifftsfraw allda worden / welches Adelich Jungfrawen Kloster der Ober-Grawe Bund abgestellet / vnd das Einkommen

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_081.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)