Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 076.png

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das von Getreyd / Wein vnnd Obst / sampt anderm / ein gut fruchtbar Land / oder Thal ist / nieder gelassen / vnnd die vernambte Veste / Raetia alta, jetzt Realt genannt / ob dem Dorff Tusis / oder Thuscia, gebawen vnd besessen. Von ihm soll auch das Herrlich alte Schloß / zu vnderst Domleschg / oder Valle domestica, auff einer Eckhöhe eines schönen Felds / auff Teutsch Rhezüns / auff Churwelsch Rhaezüm / were zu Latein Raetia ima; wie auch Reams / oder Raetia ampla, zu Oberhalbstein / genannt seyn. Andere Italische Raetier haben andere Schlösser / etc. erbawt. Vnd achtet man / daß in gantz Europa kein Land / das nicht grösser ist / als dieses / mit so viel alten Schlössern vnd Thürnen / vorauß an so rauhen Orthen / als eben Raetia, besetzt sey. Dann (anderer Thäler zugeschweigen /) allein das Ländlein Domleschg / so nicht vber ein Teutsche Meyl lang / vnd ein viertel einer Meyl breit / in die siebenzehen Schlösser / vnnd darob / begreifft / welches alles nicht ohne groß frembd vnd zubracht Gut / in solcher Meng / so stattlich vnd köstlich hat mögen zu wegen gebracht werden. Darbey wol zu erachten / daß diese Leuth / so in diese Alpes kommen / reiche vnd vornehme Leuth in ihrem Heymath gewest seyn. Dannenher die Raetier von altem / je vnd allweg / wie auch noch heutigs Tags / sich von alten vornehmen Edlen Geschlechten erboren zu seyn rühmen. Von alten Graffen vnnd Herren seyn allein die von Montfort / Hohen-Embs (wiewol ausser deß Bundts /) vnnd von Bellmont, oder von Schönberg / in Teutschland: Item die von Schonenstein / Frey-Herren zu Eherenfelß / Herren zu Heldenstein / noch vbrig. Auß dem Adel aber seyn noch viel vorhanden / deren theils auch / als die von Salis / in den Freyherren Stand kommen seyn. Die jetzige Churwelsche Spraach / ob sie schon in Vergleichung der alten / vnd newen Lateinischen / vnnd Tuscanischen Art deß redens / Barbarisch oder grob geachtet werden möchte / so hat sie doch auch gerad so wol / als ein jede andere Spraach / ihre besondere Eygenschafft / Richtigkeit / Vollkommenheit / vnd Zierlichkeit / die auch je länger je mehr zunimbt / seyd daß man sie hat angefangen in die Feder zu fassen / vnd in Truck zu geben / als insonderheit bey den Eingadeinern / vnnd Bergellen geschicht / so die Rhaetische Spraach am säubersten / vnd reinisten / vnter ihnen zu haben vermeinen. Dann dißhalb Gebürgs gegen Teutschland / von wegen stäter Handthierung mit den Eydgnossen / Schwaben / vnd andern Teutschen / man sie abgehen läst / vnnd derselben Zung / an statt der Raetischen / annimbt / wie dann von ein hundert vnd achtzig Jahren her / nicht allein die Estner / vnd Saruneter / sondern auch die Rhucantier / sampt der Statt Chur / vnd den mehrerntheil Schanficks / auch Churwalder Landschafft / in der Corvantiern Gezirck / widerumb Teutscher Spraach worden seyn / die sich immerzu je länger je weiter der Enden außstreckt / vnd zunimbt. Man gibt den alten rechten Raetiern / so auß Italien mehrertheils abkommen / einen besondern vnderschiedlichen Zunahmen / daß man sie die grauen / Canos auff Raetisch Grisones, nennet / vnd daß von deßwegen / daß sie die Eltesten deß Vrsprungs deß Rhaetischen Namens gewesen / oder / weil sie grawe Kleyder / von einheimischem Tuch / getragen haben / oder von einem vornehmen Herrn dieser Landsart / wie man muthmasset / so Canus geheissen. Vnd obwoln diese Rhaetier von den meisten ins gemein alle die Grawebündter genannt werden / vnd in drey Bünde vnderschieden seyn / so wird doch eygentlich nur der Obere / der grawe Bund genannt / welche Grisaei am ersten / durch Herrschafften / vnd Gemeinde / sich zusammen gethan / vnd ist solcher ihr Bund Anno 1424. im mitten deß Mertzens / schrifftlich verfasset worden / zu Trun / oder Tron / daselbsten auch dieser Bund bißweilen zusammen kompt. Vnd ligt in solchem Bund das Stättlein Ilantium, allda / der Ordnung nach / aller dreyer Bünde Land- oder Bundstag pflegt gehalten zuwerden / wie auch offtmals deß besagten grawen Bunds. Vnd gehört hieher auch obgedachtes Thal Domleschg / oder Tomiliasca: Item / Tusis, vnnd Splügen / Ein Fleck / hoch / vnd fast zu oberst am hindern Rhein / gelegen / allda Teutsche Lepontier wohnen / an dem Berg Vogel / darüber die Straß in das Monsaxer-Thal gehet. Vnnd redet man im Rheinthal / Vbersachs / S. Peters Thal /

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Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_076.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)