Seite:De Merian Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae 067.png

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vnd Zerrüttung deß gantzen Stands / verbrunnen: Dann als sie / auß zu vberflüssiger Ruhe / in etwas Sicher- vnd Vermessenheit gerathen / seynd sie / von aussen her / von ihrer Freyheit / vnd Religion vffsätzigen Leuthen / wider einander verhetzt / erbittert / vnnd offentlichen / vmb geringer nichtswertiger Ansprachen willen / in Harnisch gebracht worden: Welcher Krieg / von dem 1578. biß in das 1590. Jahr gewehret hat: In welcher Zeit sie zweymahl in der Statt mit einander geschlagen / viel Bluts vergossen / vnd ins gemein / vnd sonderheit / sich selbsten verderbet haben: Also / daß / nach dem sie vber eine Million verkriegt / sie endlichen wiederumb demüthig / der ordentlichen Obrigkeit vnderthänig / vnnd fein rühig worden / welcher Ruhe sie / mit Hülff ihrer Eydgnossen / durch Gottes hierzuschlagenden Segen / bißher zu aller Welt Verwunderung / mitten in den die gantze Nachbarschafft / vnd Teutschland / verzehrenden Kriegs-Flammen / genossen / vnd nach ihrer Maaß / fein geblühet haben. Vnd diese Beschreibung ist Anno 1641. vom Herrn Jacob Henric-Petri / Burgermeistern zu Müllhausen / großgünstig communicirt worden / daher / weiln andere Scribenten da in etwas verstossen / man sich desto gewisser / vnd sicherer hierauff zu verlassen hat. Es wird diese Statt / welche / wie in G. Braunen Stätt-Buch stehet / fest ist / vier (andere haben 3.) Wassergräben / vnnd so viel Brücken darüber hat / biß man in die Statt kommet / zwar noch zu den Reichs-Tägen beschrieben. Der Boden herumb ist an Wein / Getrayd / vnnd anderm / gar fruchtbar. Vnd ist von ihr ein mehrers bey dem Stumpfio, vnd Stettlero, in ihren Schweitzer Chronicken / zu lesen.


2. Biel / Biena, oder Bipennis,

Eine lustige Statt / vnd an einem lustigen See / der davon den Namen / bey einer Meyl Wegs lang / vnd dessen Gestad mit Rebstöcken besetzt ist / gelegen. Es erkennet Biel / in dem Weltlichen / den Bischoff von Basel / hat doch eygne Freyheiten / vnd von den Straffen / Zoll / vnnd dergleichen / einen Theil. Vnd wird ihr Obrister Meyer oder Major genannt; vnnd ist der Reformirten Religion. Hat sich mit den Stätten Bern / Freyburg / vnnd Solothurn / sonderlich aber mit Bern / auff ewig verbunden / als die im Bistumb Losanna gelegen. Es wird hieher referirt das S. Immers Thal / sonsten auch die Herrschafft Aergue genannt / so in etliche Convent getheilet ist / deren ein jeder einen eygnen Majorem, oder Amman / hat. Es liegen an gedachtem See / ausser Biel / auch die Stättlein Erlach vnd Nidow / so Bernerisch / vnd davon oben: Vnd Landeren / an welchen 4. Orthen die Spraach vermischt / nemblich Teutsch / vnd Savoisch ist. Vnnd ligt besagtes Stättlein Landeren bey einer halben Schweitzer Meyl ob Biel / vnnd bey einer grossen Meyl wegs vnder der Newenstatt / welches Stättlein auch an dem Bieler See gelegen. Vnd ist nicht weit von Biel / S. Johann / auch an diesem See: So vielleicht das Kloster S. Johann / dessen in der Reichsmatricul gedacht wird.


3. S. Gallen / Sangallum.

Es ligt S. Gallen im Obern Turgöw / zwischen zween Bergen / welche sie / der Länge nach / beyde berührt. Gegen auff- vnnd Nidergang der Sonnen hat sie eben Geländt / doch allenthalben herzu rauhe vnd enge Strassen / ist auch mit wilden Büheln vmbgeben / vnd hat gegen Mittag das Appenzeller Alpgebürg. Es wächst vmb die Statt nichts dann Graß / darumb gehet auß dieser Statt kein Pflug / kein Rebmann / noch Ackermann / so fahrt auch kein Hirt darauß / welches zwar seltzam / vnd nicht in vielen Stätten gefunden wird. Zu dem Bodensee hat sie ein geringe Teutsche Meil. Das Wasser Steinach treibt die Müllinen der Statt / vnd kompt in den Bodensee. Die Goldaych rinnt ob der Statt / vnd laufft zu Goldach / in den Bodensee. Die Sitter aber vnder der Statt / laufft vnder Bischoffszell in die Tur. Vnden an der Statt fleust ein Bach / so theils das Schwartzwasser / theils Yurhonn / oder Iren nennen / so dem Stattgraben sein Wasser gibt / vnnd vnder der Statt in die Steineych fällt. Hat gutes Wasser / vnnd der Lufft ist das gesund. Sanctus Gallus, ein Schott- oder Irländer / vnd S. Columbani

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Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_067.png&oldid=- (Version vom 2.4.2020)