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8. Glaris / Glarona,

Oder Clarona, welches Land gegen Auffgang / vnnd Mittag an die Rhaetischen Gebürg / gegen Nidergang an Vry vnd Schwitz / vnd gegen Mitternacht an Gastern / oder Castra Rhaetica, stosset / darinn man gute Kräuter Käse machet / so Glarner Zieger genant werden. Der Haupt-Fleck Glaris / so gantz stattlich vnd wol erbawen / vnd mit hohen Bergen vmbmauret ist / ligt auff der lincken Seiten deß Wassers Lindt / oder Lindmat / Limagi, oder Lindemagi, so der fürnembste Fluß deß Zürichgäws / bey 2. Meil Wegs vnder seinem Vrsprung / gleich vnden bey dem Fuß deß hohen Gebürgs / genannt der Glärnisch. Es werden allhie der Land-Amman / Räth vnnd alle Regierung deß Lands / so fünffzehen Theil / so sie Tagwan nennen / getheilet ist / besamblet vnd gehalten; Es führet dieser Orth S. Friedlin im Wappen / deme solch Land geschenckt / vnd von ihme ferrners an sein Kloster Seckingen geben worden ist / von deme sich aber die von Glaris Anno 1408. biß auff 16. Gülden / die man noch Jährlich gibt / abgekaufft / vnd ist das Pfarr-Lehen zu Glaris noch deß Klosters. Anno 1352. hat sich dieser Orth / mit Zug / in den Eydgnossischen Bund begeben / vnd hat es mit seiner Regierung die Gestalt / als wie oben bey Vry vermeldet worden ist: Allein daß die Reformirten in Geistlichen Sachen zu Zürich erscheinen; Dann beyde Religionen zu Glaris in einer Kirch / wiewol zu vnderschiedlichen Stunden / getrieben werden / vnd gehen auch Catholisch / vnnd Evangelische / auff einen gewissen Tag / zur Gedächtnuß der Sempacher Schlacht / in der Procession. Vnd weilen das meiste Volck / auch der Rath / der Reformirten Religion allda zugethan / so wird solcher Orth gleichsamb für Neutral gehalten. Der Einwohner Handthierung stehet fast an Vieh / deren sie in den vmbliegenden Alpen viel tausent Häupter erziehen / vnd wird viel Zieger da gemacht. Von hinnen sein gewesen Henricus Glareanus, Valentinus Tschudi, vnd Aegydius Tschudi, Land-Vogt zu Baden / vnd Sargans. Besihe Munsterum, Stumpfium, vnnd andere / so von den Schweitzerischen Sachen geschrieben.

Es hat Glaris Stättlein vnd Schloß Werdenberg / sampt der Grafschafft / erkaufft. Das Schloß vnd Grafensitz Werdenberg / stehet auff einem lustigen von der Ebene in die Höhe erhebten Bühel / in der schönsten Gelegenheit dieser Landsarth: Hat vnden am Fuß das Stättlein / auch Werdenberg genannt. Etliche melden / diese Veste had ihren ersten Anfang bekommen / zu den Zeiten deß Käyserthumbs Ludovici II. vnnd soll erbawt worden seyn von Graf Heinrichen / gebornen Pfaltzgrafen in Hoher Raetien / deß Geschlechts deren von Rotenfahn / von denen man schreibet / daß viel vnderschiedliche Grafschafften herlangen. Felix der letzte / seßhafft zum Heiligen-Berg / hielt selb neundt wolgerüst / auff Graf Andresen von Sonnenberg / vnd erstach ihn den 8. Tag Majens / in dem 1511. Jahr / zwischen Mengen / vnnd Riedlingen an der Thonaw / als derselbig vnbewährt / selb fünfft / von dem Weydwerck reit. Aber Felix / der Käyser Maximilian mit Sipschafft zugethan war / kam mit Erlegung einer Geltbuß zu Gnaden. Starb hernach zu Augspurg im Reichstag / Anno 1530. Sein Todt trug sich in einer Nacht so gähling zu / daß derselbig jedermänniglichen verdächtig war. Was er deß seinigen verlassen / fiel Erbsweise an Graf Friederich von Fürstenberg. Die Grafschafft Werdenberg aber war zur Zeit deß Ableibens deß jetzt gemelten Felixen nicht mehr in seinem Gewalt. Dann Statt vnd Schloß mit zugehöriger Herrschafft / schon zuvor deß 1517. Jahrs / von den Landleuthen zu Glaris erkaufft ward / die noch anjetzo Herren darüber seynd / vnd alle 3. Jahr einen Land-Vogt dahin abfertigen / der vff dem Schl. daselbst sein Wohnung hat. Johann Gulerus in Beschreibung Raetien lib. 14. fol. 16.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Helvetiae, Rhaetiae et Valesiae. , Frankfurt am Main 1654, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Helvetiae,_Rhaetiae_et_Valesiae_044.png&oldid=- (Version vom 23.2.2020)