Seite:De Merian Hassiae 170.jpg

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vnd ist / vnter diesem / ein schöner hoher Keller von eben solcher länge. Nächst daran / hat es eine schöne liechte hohe Capellen / mehrentheils mit schönen außgehawenen stücken von Alabaster außgearbeitet / insonderheit der Predigstul / vnnd Altar / von gantzem weissen Marmorstücken / außgezieret: die Kirche / oder Capell aber / ist vberall voller / auff vergüldetem Boden / schöner gemahleter / oder geschriebener Geistlichen Sprüchen; auch hat es darinn nicht allein ein feines bequemliches Fürstliches Zimmer / so man heitzen kan / alles vorgedachtem Zierat correspondirend; sondern auch eine schöne Orgel / mit einem von schwartzem Ebenholtz Principal Stimwerck gehabt / welches aber / wie das gantze Hauß / von den leydigen Landsverwüstern / sehr verderbt worden. Vber dieser Kirchen / so groß Sie vmbfangen / ist wider ein schöner hoher viereckichter Saal / voller stattlicher Sprüche geschrieben / vnnd mit vornehmen Gemälden an der Bühnen / gezieret / dessen Invention in lauter Triumphis der Heidnischen gedichten Götter / sampt ihrer geheimen Bedeutung / bestehet / nach welchen auch diesem Gemach der Triumph-Saal genennet wird. Hinter dem Schloß hat es einen trefflichen schönen weit vmbfangenen Lustgarten / mit gehörigen Hütten / vnd Springbrunnen / als auch einen herrlichen Baumgarten / alles in ein sonderliche Ringmawer geschlossen / vnd mit einer absonderlichen hohen Mawren vnterschieden / vnnd sonst / mit allen andern zur Hoffhaltung gehörigen Gelegenheiten wol versehen / vnd hat oben hinauß / an der Fulda / zwischen den Bergen hin / gegen Bebra / ein schönes anmutiges lustiges Außsehen. Die Statt wird durch den Fuldastrohm getheilet / doch ist das theil jenseit dem Schloß nicht vmbmawret / vnnd wird die Newstatt genannt / in welcher noch ein fein / wiewol nicht gantz von Steinen auffgeführtes Fürstliches Ambt Hauß ist / vnd nicht weit davon eine schöne Schäfferey / vnd ZehentScheuren. Bey diesem Amptsgebäu in der Neustat / stehet die schöne weit / vnnd hohe Kirche / die Rotenbergische Stiffts-Kirche genannt / welche ihre absonderliche von den alten Fürsten gestiffte Einkommen hat / davon ein ziemlicher antheil deß Kirchendiensts im Land erhalten wird; dagegen vber an der Fulda ein schöne von Steinen auffgeführte Mühle / in 5. Mahlgängen / vnnd einer Schlaag / Lohe: vnnd Walckmühlen / alle vnder einem Dach / bestehende. Die Brucke an diesem Orth / zwischen beyden Stätten / vber die Fulda / ist zwar höltzern / dergleichen eine dreyviertheil Meyl Wegs oberhalb beym Dorff Breydenbach / so deß Zols / vnnd vberfarts wegen / ein zimliches eintragen. Die alte / oder rechte Statt Rotenberg am Schloß gelegen / ist andern gemeinen Land-Stätten / gleich / hat auch eine feine Kirche in sich / vnnd sonderlich ein schön steinern Rathhauß gehabt / welches aber An. 1637. beneben der halben Statt / durch den Brand auffgangen.

Das Ampt Rotenberg ist von 33. Dörffern / vnnd der grösten eines im Lande / erstreckt sich der Länge nach fast in fünffthalb Meil Wegs / vnd gräntzet mit einem Orth an das Sächsische Ampt Gerstungen. Ist ein treffliches Ampt von allerhand Einkommen / sonderlich aber der Früchten / Schafftrifft / vnnd Mastung / halber / sehr berümt / in massen es nicht allein einen sehr grossen weitleufftigen Ackerbaw / vnd stattliche sehr häuffige Schäffereyen hat / in so viel hundert Pfirchen bestehend / sondern darbeneben auch seine viel grosse Wälde / vnnd Wildfuhren / so ihre absonderliche Namen haben / worauß ein sehr stattliches Forst: vnd Mastgelt / als auch ein ansehenliches Wildpreth / beydes zum nutz / als zur lust erlangt werden kan / der darzwischen lauffender Forellenbäche zu geschweigen; wie dann auch die Fulda in diesem Ampt sonderlich Fischreich ist. Es hat auch mit Teichen / vnnd allerhand kleinem Wildpret / stattliche Gelegenheit in diesem Ampt / vnd bey der Statt ziemlichen Weinwachs. Die Berge sind sehr hoch / vnd voller weiten holen Thäler / als sonst im Lande sich nicht viel findet. Vnter andern raget fast in der mitten vnter allen andern hohen Bergen dieses Bezircks / gleich einem Kirchthurn auß einer Statt / der hohe spitzige Alheimer Berg herfür / von dannen man auch den mehrentheils Hessenlandes vbersehen kan. Vnnd weil dieser Berg mitten in der Wildbahne / ist es sonderlich zur Zeit / wann die Hirsche schreyen / ein trefflicher lustiger Orth. In diesem Ampt / am Wildecker

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Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)