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Hirschfeld ist vorhin eine feine ansehenliche wolerbawte Statt gewesen / jetzo aber / durchs Kriegswesen sehr verwüstet / an dem Fluß Geyse / welcher durch die Statt rinnt / vnnd darinnen etliche Mühlen treibt / hernach sich vorm Petersthor in der Fulda bey der Brucken endiget. In dieser Statt ligt zuforderst das Stifft / oder Fürstliche Residentz / welches ein sehr grosses weitläufftiges Gebäw ist / in 2. theil getheilet / so das hinder / vnd forder Stifft genennet werden. Das hinder Stifft ligt nahe an der Stattmawren / ist mehrentheils von Steinen auff die alte manier gebawet. Dz vorder Stifft ligt an der Statt / auff einem sehr lustigen Platz / da man schier in alle Strassen sehen kan / vnnd ist von Holtz erbawet / hat doch zimbliche feine Gemächer / vnd einen grossen sehr schönen Lustgarten. Vmb das Stifft vmbher ligen allerhand zur Fürstlichen Hoffhaltung nothwendige vnd gehörige Gebäw. Zwischen den beyden Stifftsgebäwen nun / ligt die sehr grosse / hohe / vnd ins Creutz gebawte Stiffts-Kirche / darinnen vorermelte / Steinerne Seulen / wol zu sehen. Diese Kirch / wie hoch Sie auch ist / vnnd die Fenster gar zu Oberst hat / ist Sie doch so helle / daß man nicht bald eine dergleichen finden wird. Vnd siehet man darinn viel schöne Epitaphien / oder Grabschrifften / in Marmor / vnnd Alabaster gehawen / vnd hoch an den Säulen erhaben / davor die Aebbte begraben ligen. Hinden beym Thurn / gegen dem Chor vber / hat es ein schöne hoch erhabene Orgel / von der man ins hohe Chor / vnd gantze Kirchen / sehen kan. Auff der Kirchen stehet eine grosse vergülte Hand / zween Finger / als schwörend / auffrichtende / andeutend die verschworne Trew / vnd Bündnuß / der Aebbte zu Hirschfeld / mit dem Hauß Hessen. Vor dem Stifft hat es ein hohes Steinernes zweyfaches Creutz / so eine Freyheit ist vor die / so vnversehens etwa einen Todschlag begangen haben / vnd verfolget werden / daß Sie hierzu lauffen mögen / vnd wann Sie es ergreiffen / darff der Stattrichter Sie eher nicht angreifen / biß Sie zuforderst genugsamb gehört / vnnd der Abbt in der Sachen erkant hat. Die Statt ist beyder Fürsten / Hessen / vnnd Hirschfeld / vnnd die Beampten / wie auch die Burger / in beyder Herren Pflichten. An dem Einkommen hat Hessen seinen theil auch. Es hat in dieser Statt einen schönen viereckten raumlichen Marcktplatz / mit ziemblichen Gebäwen umbsetzt. Nahe hieran ligt die Pfarrkirche / dabey ein gantz von Quaderstucken auffgebaweter / vnd hernach im Tach spitz außgeführter sehr hoher Thurm; gleich dabey ein steinernes sehr wol / vnnd zierlich erbawtes Rathhauß. Es hat an diesem Orth auch ein stattliches Gymnasium vor die Jugend; dabey auch ein absonderliche Kirche / wie auch bey dem Hospital. Die Statt hat vier Thor / vnnd vberall sehr hohe Mawren / vnnd Thürne: an theils Orthen sein die Mawren doppelt / darzwischen ein stuck Walls / oder Wassergraben ligt. Vor dem Petersthor / gehet ein schöne hohe steinerne Brucke vber die Fulda / deßgleichen kaum einen halben Büchsenschuß fürters / eine gleichmässige Brucke vber die Haune / da denn bald hernach beyde Wasser zusammen fliessen. Vmb die Statt her ligen etzliche alte Clöster / vnnd Probsteyen / neben andern lustigen Gebäwen; als erstlich das Closter Petersberg / vor dem Sulingswald / auff einem ziemblichen Hügel / in einem schönen Feld / jenseit der Haune. Hernach der Johannis Berg / zwischen dem Fuldastrohmb / vnnd der Haune / ziemblich hoch / vor einem Gehöltze / darunder disseit der Fulda / an der Landstrassen / das schöne Schloß Eichen / welches mit schönen Fürstlichen Gemächern gezieret / vnnd mit einem doppelten Wassergraben wol versehen ist / dabey es auch stattliche Teiche / vnd Fischereyen hat. Zwischen beyden Wasseren / auch vor dem Johannisberge / ligt der lustige wolerbawte Hoff Bingartten / vnd nächst an der Statt das alte zerfallene Closter Frawenberg / dabey noch viel alte Grabschrifften zu sehen / zumahln dabevor deß Orts sonderliche Heiligthumb gezeigt / vnnd dahin sonderbahre Walfarten gehalten worden.

Dieses Stifft hat sonst vnderschiedliche Aembter / als Aula / Geissa / Berck / vnnd Landeck / wiewol diese beyde zweyherrisch / vnnd das erste halb Sächsisch / vnnd das ander halb Hessisch ist. Auch hat es noch 2. vornehme Probsteyen / als eine in Thüringen bey Franckenhausen / Gellingen genant; die ander in Hessen / zwischen Hirschfeld /

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_129.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)