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Carolus IV. auff der Reichs-Versammlung zu Nürnberg / dieselbe Stadt auch versehen und befreyet / daß die Wälder und der Forst / die beyderseits der Pegnitz gelegen / sampt denen Furräuten und allen Zugehorungen bey der Stadt Nürnberg ewiglich und ungehindert bleiben sollen.

Neben der obgedachten Käyserl. Vesten haben vor Jahren auch die Burggraffen eine Burg allda gehabt / und davon den Namen Burggraffen bekommen / welche Burg aber sie der Stadt verkaufft / neben etlichen Dörffern und Mühlen / mit allen und jeden ihren Ehren / Freyheiten / Privilegien / Renten / Zinsen / Gewonheiten / Rechten und Zugehörungen / auff ewig und unwiderrufflich / vor sich und ihre eheliche Gemahl / ihre junge Herrschafft / Erben und Nachkommen / etc. So geschehen im Jahr Christi 1427. An der gedachten Burgstatt / ist hernach ein Kornhauß und Casten / und dabey ein Bollwerck zum Schutz der Stadt erbauet worden. Die obgedachter Käyserl. Vesten ligt schön und hoch / in welcher ein Röm. Käyser / wann er nach Nürnberg gelangt / einzukehren pflegt / dessen Zimmer sonsten verschlossen bleiben: Allda auch eine Käyserl. Capell / und herabwarts der Stadt zu / ein sehr tieffer Brunn in dem Felsen ist / dessen Wasser man nicht siehet / und gleichwoln die Räder daran so künstlichen gemacht seynd / daß man solches gar leichtlichen herauff bringen kan. Im Jahr 1538. haben die Herren von Nürnberg diese Vesten renoviren / erweitern und mehrers bevestigen / und mit starcken Bollwercken versehen lassen. Und stehen umb den Berg herumb 4. Thürn / deren zween gegen der Stadt / 2. aber gegen Morgen und Mitternacht gerichtet seynd / davon der gröste Lug-ins-Land genennet wird / und zu den Zeiten Käysers Sigismundi in einem Monat erbawet worden seyn solle.

Gegen dieser Vesten an dem Berg herauff hat es beyderseits / wie auch sonsten / viel schöne Häuser / und in theils derselben stattliche und der Natur und Kunst halber / seltzame Sachen.

Es gibet auch umb diese Stadt herumb / in den Benachbarten Hügeln und Ebenen / eine sonderliche Art von Steinen / so zum Bau gebraucht werden / welche / ehe sie außgegraben / und noch in der Erden / weich seynd und leichtlichen außgehawen: wann sie aber eine Zeitlang an der Sonnen und Wind ligen / außgekocht und gehärtet werden / so hart / als sonsten ein Marmel seyn mag.

Fürs Andere ist unter den gedachten Weltlichen Gebäuen zu sehen / das Rathhauß / so fornen gegen S. Sebalds Kirchen über ligt / von Quaterstücken herrlich gebauet / darinnen viel schöne Sachen / und von künstlichen Meistern / sonderlichen von Albrecht Dürern / weyland Burgern allda so Anno 1528. gestorben / gemahlte fürtreffliche Stücke / Brustbilder / etc. auch ansehnliche Zimmer / Teppicht / Tisch und dergleiche zu sehen.

Fürs dritte / das Zeughauß. 4. Die Bürger- oder Trinckstuben. 5. Die Kornhäuser / darinnen man sonderlich vor diesem viel altes Geträid gefunden; und schreibet man / daß Carolus V. Anno 1541. auß einem / so über die 150. Jahr alt gewesen Brod habe backen lassen. 6. Das newe Theatrum auff der Schütt (so eine Insul) in welchem etlich tausend Personen den Spielen und Fechtschulen im trucknen gantz füglichen zusehen können / so aber wegen jetziger Kriegsläufften selten geschicht. 7. Die Fleischbrucken / welche darumb berühmt ist / weiln sie von einem einigen sehr flachen Schwiebogen über den Pegnitz-Fluß geführet worden / ist 97. und ein halb Nürnberger Stadtschuh / von einem Satz zum andern / im Gewölb weit / im Gespreng deß Bogens aber mehr nicht / dann 13. Schuh hoch und 50. Schuh breit / und oben im Gewölb 4. Schuh dick. Ward Anno 1597. zu bauen angefangen / als vorhero Anno 1595. im Monat Februar. die vorige Brucken / von Ergiessung der Pegnitz eingerissen worden. Den 14. Novemb. ermeldten Jahrs seynd auff einer Seiten / und Anno 1598. den 4. May auff der andern Seiten die ersten Stein gelegt / und folgends das gantze Gebäu inner vier Jahren / mit grossem Kosten / Mühe und Arbeit / sonderlich das Fundament betreffend / verfertiget worden / und wird deß flachen Bogens halber dergleichen schwerlich anderer Orten zu sehen seyn. Der Erfinder und Werckmeister dieser Brücken / war der berühmte Peter Carl von Nürnberg bürtig / welcher auch den Saal zu Heydelberg / im dicken Thurn am Schloß / von hundert Schuh weit / ohne Mittel-Säulen / erbauet. Zur lincken Hand der gedachten Fleischbrücken / stehet das wolerbaute Tuch- und Fleischhauß / dabey ob einem Portal / der jenig von Stein gehauene Ochs / welcher den Frembden für ein Wahrzeichen gewiesen wird / darunter mit güldenen Buchstaben dise Verß geschrieben:

Omnia habent ortus, suag incrementa; sed ecce! Quem cernis nunquam Bos fuit hic Virulus.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Franconiae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1648, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Frankoniae_102.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)