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Der Marckt Werhd hat ein absonderlich wolbesetztes Gericht / der Stadt unterworffen; Das Dorff / jetzt Marck-Gostenhoff / (welches vorzeiten / ehe die Stadt erweitert worden / ein zimlich Feldwegs davon gelegen gewesen / aber nach beschehener Erweiterung gleich daran ausser den Gräben / als eine Vorstadt / ligen thut / ) ist auch ein absonderliches Ampt / deme zween / als ein Ober- und Unterpfleger / von der Stadt auß vorgesetzt / und ist solcher Marcktflecken absonderlich verwahret.

Es ist eine grosse Menge Volck zu Nürnberg / wiewoln dessen vor dem jetzigen Krieg und dem Sterben / so in den neulichsten Jahren / als Anno 1632. und 1643. allda grassirt hat / ein mehrers gewesen. Und ist die Stadt unter zweyen Pfarren / S. Gebald und S. Laurentzen / begriffen / und in acht Viertel / wie Dresserus sagt / und unter 132. Hauptleuth abgetheilet. Man schreibet / daß entweder Käyser Friederich der Vierdte / oder Käyser Ferdinand der Erste / oder sie alle beyde / (dann ein Ding wol von mehrern geschehen kan) einen Rathsherrn / und wie gedachter Dresserus wil / Herrn Antonium Tucher / solle gefragt haben / welcher Gestalt sie eine so grosse Meng Volcks regieren könten? Darauff der Rathsherr geantwortet: Mit guten Worten / und schweren Straffen.

Es ist deß Volcks ein grosser Theil künstlicher Arbeiter in allerley Sachen / und hat sich fast jederman allda / als die Handtierungen noch starck zu Friedens-Zeiten gangen seynd / wol ernehren können / und läst man die Leuthe nicht müssig gehen / ist auch gute Vorsehung / daß kein grosses Zusammenlauffen / außgenommen in den Kirchen / bey Begräbnussen / und zu gewisser Zeit erlaubten Kurtzweilen / geschehe / oder auch grosse Panqueten und Gastereyen / ausser den Hochzeit-Mahlzeiten / angestellt werden.

Die Kauffleuthe / welche seit deß 1300. Jahrs / da sie erstlichen in frembde Länder zu handlen angefangen / haben daselbsten zu Friedens-Zeiten vor diesem sehr zugenommen / und ist derselben Bancho nach dem Venedischen gerichtet.

Die Nürnbergische Waaren werden nicht allein durch gantz Europam, sondern gar in beyde Indien geführet.

Es wird auch dem gemeinen Volck / so von Natur eines frölichen Gemüts / allerley Freudenspiel und Kurtzweil / zu gebührenden Zeiten / nicht verwehret / wie dann auch ausser der Stadt ein schöner lustiger Spielplatz / die Haller-Wiesen genannt / darauff lustige Bäume und Brunnen stehen; Allein muß solches Kurtzweilen mit Maß geschehen.

Diese Stadt / ob sie wol nicht mitten in Teutschland und Europa, wie etliche geschrieben / gelegen / so hat sie doch bequemes Lager. Es seynd daselbsten / neben den Handwerckern und gemeinem Volck / item denen Kauffleuthen / zuforderist viel alte Adeliche Geschlechter / so in der Nürnbergischen Chronic und in deß Johann Siebmachers neuen Wappenbuch erzehlet werden; darunter 28. alte Rathsfähige seynd / die man zum Unterscheid der andern Erbaren Unrathsfähigen Geschlecht also nennen thut.

Von aller Nürnbergischen Geschlechter Wappen / haben Herr Carol Nützel Sel. Käyserlicher Rath und Ritter / etc. und nach ihme Weyland der berühmbte Professor der Universität Altorff Michael Piccartus, sehr schöne und kluge Disticha geschrieben / welche Anno 1642. in tract. Theodori Hoepingi, de Jure Insignium, in fine gedruckt / und in der Ordnung nach dem Alphabet gesetzt worden. Es ist auch diese Stadt mit herrlichen Freyheiten versehen / sonderlich soll ein jeder Römischer Käyser seinen ersten Reichstag darinnen halten.

Daselbst ist auch von Käyser Carolo IV. Anno 1356. die Güldene Bull gemacht worden / in einem Hauß auf dem Ponersberg / so noch heutiges Tags zum güldenen Schild genennet wird.

Die Stadt hat auch deß Heil. Römischen Reichs Kleynodien in Verwahrung / so sie zur Käyserlichen Crönung zu schicken pflegt / als da seynd / die Königliche Cron / Käysers Caroli Magni Dalmatischer Rock / Choral-Kappen / der Mantel oder Käyserliche Wappen-Rock / und anders / so darzu gehöret: Item den Reichs-Apffel / so bey der Käyserlichen Crönung Chur-Pfaltz oder Bayern / etc. deß Käysers Caroli Magni Schwerdt / so Chur-Sachsen / etc. und den güldenen Scepter / so Chur-Brandenburg zu tragen pflegt: Darbey hat sie auch die weitberühmbte Reliquien oder Heiligthumb / nemblich ein Stück vom Creutz Christi; das Eisen vom Speer / damit deß Herrn Seiten geöffnet worden / und andere / etc. die aber / ausser gar hohen Stands-Personen nicht leichtlich gewiesen werden / und sonder Zweiffel die jenigen seynd / deren Henricus Rebdorff in seinen Annalibus am 85. Blat gedencket / und die sampt dem Käyserlichen oberwehntem Schmuck und Kleynodien Anno 1424. von

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Matthäus Merian: Topographia Franconiae. Frankfurt am Mayn: Frankfurter Kunstverein, 1648, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Frankoniae_094.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)