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Die Rosenkranzkapelle, die nördliche Conche des Querhauses, birgt noch zwei bedeutende Steinmetzarbeiten der gothischen Zeit, rechts ein Sakramentshäuschen und links unter dem Fenster ein heiliges Grab.Heiliges Grab

In der von flachem Bogen geschlossenen tiefen Nische liegt auf dem vorne mit Masswerk gezierten Sarkophag lang ausgestreckt mit gekreuzten Armen die schön gebildete Gestalt des Fronleichnams, zu dessen Haupte und Füssen knieende Engel wachen, während von hinten bis zum Knie sichtbar die heiligen Frauen Maria und Magdalena nahen mit Salbenbüchsen und Gefässen in den Händen, dem Herrn zu dienen. Am Fusse des Sarkophags, der in der Mitte ein mit einem Thürchen verschliessbares Schränkchen besitzt, wohl zur Beisetzung der am Charfreitag übrig gebliebenen Partikel des heiligsten Sakraments bestimmt, kauern vier ruhende Krieger, in deren Mitte eine dritte der heiligen Frauen mit dem Salbengefäss herbeieilend dargestellt ist. Die Fläche über der am Scheitel mit dem Wappen der Stadt gezierten Nische wird bis zu dem geraden Abschluss in Höhe der Fensterbank von sehr zerstörtem Masswerk in Relief ausgefüllt und ist oben in der Mitte mit einer Konsole versehen, auf der heute eine Figur Christi in weitem Mantel, einst mit der Siegesfahne in den Händen, steht. Es erscheint mir jedoch zweifelhaft, ob diese an und für sich mässige Skulptur ursprünglich zu dem ganzen Werke gehörte und ich möchte annehmen, dass die Konsole, für gewöhnlich leer, nur in der Charwoche zur Aufstellung der Monstranz mit dem Allerheiligsten benutzt wurde. 0 (Fig. 17.)

Die Gestalten des Grabes, von frischer Natürlichkeit, flott gezeichnet und in Fleisch sowie Gewandpartien vorzüglich ausgearbeitet, scheinen das Werk in die Jahre nach 1520 zu verweisen.

Das gegenüber stehende Sakramentshäuschen soll sich bereits im alten Chore Sakraments-
häuschen
befunden haben und nach Abbruch desselben zum Aufbau des heutigen, 1492 in diese Kapelle versetzt worden sein, wie Rossmann ohne Angabe seiner Quelle berichtet. Es ist demnach diese zierliche Steinmetzarbeit bereits früher zu datiren, und wir werden wohl nicht fehl gehen, wenn wir ihre Entstehung in den Beginn der zweiten Hälfte des 15. Jhs. verlegen. Dafür spricht auch das Werk selbst, dessen quadratisches Haus auf frei stehender Säule mit reich gegliedertem Fusse ruht, an den Ecken unten und oben zwischen den Säulchen und Streben der Fialen von graziösen Engelsgestalten belebt wird und begleitet von hochstrebnden Pyramiden, schlank emporwachsend, in zierlicher, nach vorn sich neigender Kreuzblume endigt.

Der im Südtheil des Querhauses stehende Taufstein ist eine schlechte, aber durch die Nachahmung gothischer Formen interessante Arbeit des 18. Jhs.

Schon aus der Beschreibung des S. Stephansmünsters ergiebt sich, dass seine Baugeschichte in vier Perioden einzutheilenBaugeschichte ist:

1. in die Zeit der Entstehung bis zur Mitte des 12. Jhs.;
2. in die romanische Periode, die in der Ueberwölbung der Kirche ihr Hauptwerk schuf; dann
3. in die frühgothische Zeit, von der nur wenige Reste, vor allem die oberen Theile des südlichen Hahnenthurms erhalten sind, und schliesslich
4. in die spätgothische Epoche, welche den gewaltigen Umbau zur Hallenkirche plante.

Empfohlene Zitierweise:
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_067.jpg&oldid=- (Version vom 3.5.2020)