Seite:De Kunstdenkmäler Baden 6 059.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Raum überspannte man dann, gleich wie das folgende Langhausjoch einheitlich mit einem ziemlich unregelmässig gezeichneten, nicht eben reichen Netzgewölbe mit Wandrippen und grossem Ringschlussstein, wobei zu den durch Kehlen profilirten Rippen mit schmalen Plättchen die vorhandenen Kreuz- sowie Querrippen der alten Gewölbe mitbenutzt wurden, wie an dem zweiten nordwestlichen Pfeiler des Langhauses noch heute zu sehen ist. (Fig. 14.)

Die westlichen Kappen der beiden letzten erhaltenen Seitenschiffgewölbe ragen mit den Abbruchstellen zwischen den Bündelpfeilern und den jenen ähnlich, aber einfacher ausgebildeten Wandpfeilern, in den höheren Raum des Westbaues und tragen bis zur Scheitelhöhe hochgeführte, provisorisch abschliessende Mauern, an welche die Rippen der Netzgewölbe sowie die Wandbogen und Rippen der geplanten, folgenden Felder unvermittelt, wie zur Fortsetzung gerichtet anstossen. So ist denn auch hier die bei Beschreibung des Kirchenäusseren bereits ausgesprochene Vermuthung aufs neue bestätigt und abermals dargethan, dass der nach einer Jahreszahl am Sockel des nordwestlichsten Langhauspfeilers (1472) begonnene Umbau von West nach Ost weitergeführt werden sollte, die Arbeiten jedoch plötzlich und unvermuthet unterbrochen, nur nothdürftig abgeschlossen werden konnten. War hier im Westen der Umbau der Kathedrale nicht zur Vollendung gelangt, so war er im Osten wenigstens zu einem Abschluss gekommen, indem dort die alte, wahrscheinlich nicht sehr geräumige, romanische Choranlage in einen weiten, hochstrebenden, gothischen Chorbau Chor umgewandelt wurde.

Derselbe wird im Vorchor von zwei rechteckigen Kreuzgewölben überdeckt, die, unter sich von einer Querrippe getrennt, von dem nach einem rechteckigen Gewölbefeld in fünf Achteckseiten schliessenden und um sieben Stufen erhöhten Hochchor durch eine breite, reich profilirte Spitzbogenarkade geschieden sind. Die birnförmig profilirten Rippen dieses Gebäudetheils ruhen hier auf von den Symbolen der Evangelisten gestützten Konsolen auf, deren Bilder auch als Träger der runden mit Blattwerk gezierten Schlusssteine Verwendung fanden.

Im Chorschluss hingegen, dessen Gewölbeschlussstein das Bild eines das Lamm Gottes haltenden Mannes zeigt, beginnen Wand und Gewölberippen auf den mit Blattornament und zweimal auch mit figürlichen Darstellungen gezierten Kapitälen der dreitheiligen im Grundriss kleeblattformigen Wanddienste, deren flache, spätgothische Basen weit über die Sockel ausladend, von kleinen Konsolen gestützt werden.

Zu beiden Seiten des Vorchors führen spitzbogige, profilirte Pforten zwischen den Chorstühlen nach den Untergeschossen der Hahnenthürme und so südlich in die durch einen Anbau vergrösserte Sakristei, die von einem den ganzen Raum ohne Rücksicht auf die östliche Thurmmauer überziehenden Netzgewölbe überspannt wird.

Auf der Evangelienseite des Hochchors unter einem der dortigen Fenster ist eine gerade abgedeckte Nische (vergl. Fig. 15) in die Mauer eingelassen, von schlanken Säulchen auf gedrehten Basen zu beiden Seiten umrahmt, zwischen denen auf Konsolen die Figuren der h. Protasius und Gervasius stehen, unter dreiseitigen Baldachinen mit massigen durch Fialen, Krabben und Kreuzblumen gezierten Pyramiden. Auf dem Sturz unter der Wimberge, deren Masswerknasen, Krabben und Giebelspitze zu dünnem, unruhig gezeichnetem Laubwerk ausgestaltet sind, ist die Brustfigur eines geflügelten

Empfohlene Zitierweise:
Franz Xaver Kraus: Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6. Jacob Christian Benjamin Mohr, Tübingen und Leipzig 1904, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kunstdenkm%C3%A4ler_Baden_6_059.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)