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18. Kindersprache. Außer den häufig angewandten Diminutiven giebt es hier viele Klangwörter, vorzüglich die Thiere werden nach ihren Naturlauten genannt. Z. B. Muh-kuh (plattd. Bu-köken), Piephuhn (plattd. Tüt-hönken), Kikeriki-Hahn, Blälamm, Wauhund oder Wauwau, Misekatz, Bibi (Federvieh), Wulle-Gans, Bil-Ente, Hottpferd, Hies-Fäleken (Füllchen) u. s. w. – Die Worte, die zuerst gelernt und gesprochen werden, sind in ihrer Wurzel oft nicht zu erkennen. Dädi, Vater (in der Schweiz) erklärt sich noch durch Atte, Tatte; aber unverständlich ist schon Nännä und Dodoch, Mutter, oder Dodooli und Großdodoch, Großmutter. Ditti, klein Kind, hört man auch noch in den Maingegenden, dagegen du Appeli (Närrchen) Göf, Goov und Fitsch, Fitscheli (s. Stalder), Schmeichelnamen kleiner Kinder, wohl nur in der Schweiz allein. Man schmeichelt ihnen auch indem man sie Täubchen, Hühnchen, Püterken, nennt. Das jüngste und gewöhnlich das liebste Kind heißt Nestquackchen, im plattd. Neest-kiken, Neest-puuk, in der Schweiz Grättschi. Dagegen ein Kind das Tücke im Kopf hat, wird dort Kufer genannt; ein unbehilfliches im Oestreichischen Hascherl. – Dann sind auch für sie oder bei ihnen eigene bildliche Ausdrücke gebräuchlich. Das Trinkwasser heißt Gänsewein (Gooswin), in die Wiege (plattd. die Eija), ins Bett gehen: in die Federallee spatziren gehn; sich verneigen: ein Jümpferli machen. Von einem unartigen Kind sagt man in Pommern: dat is mi een Krüdken (Kräutchen)! oder man droht ihm: Moder ward di dat Lendenbrood

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). G. Reimer, Berlin 1819, Seite LI. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_A_051.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)