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holen wir den Sommer,
schicken wir den Winter übern Rhein;
bringt uns guten, kühlen Wein!

Wird den Kindern nichts gereicht, so singen sie:

der Fuchs der kriecht ins Hühnerhaus
und frißt die Eier alle aus!

Auch gehen oft zwei erwachsene junge Bursche in einer Verkleidung herum, indem einer den Sommer, der andere den Winter vorstellt. Sie kämpfen mit einander und der Winter verliert. Man erinnere sich dabei, wie häufig die Minnesänger den Kampf zwischen Sommer und Winter beschreiben. Im Kraichgau tragen die Mädchen bei diesem Fest einen mit Immergrün umwundenen Reif auf einem Stecken, an diesem hangen kleine Spiegel, Goldflitter und Pretzeln. Die Knaben aber tragen viele solcher Kränze, nur kleiner, an ihren Stecken, und geben immer einen als Gegengabe in jedem Hause ab, wo sie für ihren Gesang Geld, Eier, Schmalz oder Mehl erhalten. Dieser Kranz wird mitten in der Stube über dem Tisch an einem Faden aufgehängt und bleibt, bis er im nächsten Jahr durch einen frischen abgelöst wird. Durch die aufziehende Ofenwärme bewegt sich der Kranz zuweilen, dann sagen die Kinder, das bedeute etwas Gutes; kommt aber eine Hexe in die Stube, so sagt man, stehe der Kranz still. – In Schlesien war es sonst an diesem Tage allgemeine Sitte den Tod auszutreiben, sie hat sich jetzt nur noch auf dem Land und in kleinern Städten erhalten. Es wurde ein Bild von alten Lumpen mit eigenen Gesängen durch die Stadt

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). G. Reimer, Berlin 1819, Seite XXXIV. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_A_034.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)