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Am andern Tag sprach die Mutter zu Dreiäuglein: „geh du mit hinaus und hab Acht, ob Zweiäuglein draußen ißt und ob ihm jemand Essen und Trinken bringt, denn essen und trinken muß es doch.“ Da trat Dreiäuglein zum Zweiäuglein und sprach: „ich will mitgehen und sehen, ob auch die Ziege recht gehütet und ins Futter getrieben wird.“ Aber Zweiäuglein merkte, was Dreiäuglein im Sinne hatte und trieb die Ziege hinaus ins hohe Gras und sprach: „wir wollen uns dahin setzen, Dreiäuglein, ich will dir was vorsingen.“ Dreiäuglein setzte sich und war müd von dem Weg und der Sonnenhitze und Zweiäuglein hub wieder das vorige Liedlein an und sang:

„Dreiäuglein, wachst du?“

aber statt daß es nun singen mußte:

„Dreiäuglein, schläfst du?“

sang es aus Unbedachtsamkeit:

Zweiäuglein, schläfst du?“

und sang immer:

„Dreiäuglein, wachst du?
Zweiäuglein, schläfst du?“

Da fielen dem Dreiäuglein seine zwei Augen zu und schliefen, aber das dritte, das von dem Sprüchlein nicht angeredet wurde, schlief nicht ein, doch Dreiäuglein that es zu, aber aus List, gleich als schlief es auch damit, doch blinzelte es und konnte alles gar wohl sehen. Und als Zweiäuglein meinte, Dreiäuglein schlafe fest, sagte es sein Sprüchlein:


Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_216.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)