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Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel. „Siehst du, sprach er, ich habe ihn ohne Mühe geholt.“ Der Riese war froh, daß er so leicht erhalten hatte, was er sich so sehr gewünscht, eilte zu seiner Braut und gab ihr den Apfel. Diese war eine schöne und kluge Jungfrau, sie sah nicht den Ring an seinem Arm und sprach: „ich glaube nicht eher, daß du den Apfel geholt, bis ich erst den Ring an deinem Arm erblicke.“ „O, sagte der Riese, ich will heimgehen und ihn holen,“ und dachte dem schwachen Menschenkind ihn abzunehmen, wenn es ihn nicht gutwillig geben wollte. Da ging er zurück und forderte den Ring von dem Königssohn; aber der wollte ihn nicht geben. „Wo der Apfel ist muß auch der Ring seyn, sprach der Riese, giebst du ihn nicht, so mußt du mit mir darum kämpfen.“

Sie rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn nichts anhaben, so stark war dieser durch die Kraft des Ringes. Da erdachte der Riese eine List und sprach zu ihm: „es ist uns warm geworden bei dem Kampf, wir wollen uns erst im Flusse baden und kühlen, eh wir wieder anfangen.“ Der Königssohn, der von Falschheit nichts wußte, ging mit ihm zu dem Wasser, zog seine Kleider ab, streifte auch den Ring vom Arm, legte ihn daneben und ging in den Fluß. Alsbald ergriff der Riese den Ring und lief damit fort, aber der Löwe, der seinem Herrn gefolgt war und den Diebstahl wohl angesehen hatte, setzte dem Riesen nach und riß ihm den Ring wieder weg. Da gerieth der Riese in Wuth und sprang nach dem Wasser zurück,

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_167.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)