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Müller aufgestanden war, wollt’ er nach ihm sehen und verwunderte sich, daß er noch lebte. Da sprach er: „ich habe Ohrfeigen gekriegt, aber ich habe auch Ohrfeigen ausgetheilt und mich satt gegessen.“ Der Müller freute sich und sagte, nun wäre die Mühle erlöst und er wollt’ ihm gern zur Belohnung viel Geld geben. Er sprach aber: „Geld will ich nicht, ich habe doch genug.“ Dann nahm er sein Mehl auf den Rücken und ging nach Haus und sagte dem Amtmann, er habe die Sache ausgerichtet und wollte nun seinen bedungenen Lohn haben. Wie der Amtmann das hörte, da ward ihm erst recht Angst und er wußte sich nicht zu lassen und ging in der Stube auf und ab, daß ihm die Schweißtropfen von der Stirne herunterliefen. Da machte er das Fenster auf nach ein wenig frischer Luft, eh er sich’s aber versah, hatte ihm der Großknecht einen Tritt gegeben, daß er durchs Fenster in die Luft hinein flog, immer fort, bis ihn niemand mehr sehen konnte. Da sprach der Großknecht zur Frau des Amtmanns, nun müßte sie den andern Streich hinnehmen, die sagte aber: „ach nein, ich kanns nicht aushalten“ und machte auch ein Fenster auf, weil ihr die Schweißtropfen die Stirn’ herunter liefen. Da gab er ihr gleichfalls einen Tritt, daß sie auch hinaus flog und noch viel höher als ihr Mann; und der rief ihr zu: „komm doch zu mir!“ sie aber rief: „komm du doch zu mir, ich kann nicht zu dir;“ und sie schwebten da in der Luft und konnte keins zum andern, und ob sie da noch schweben, das weiß ich nicht; der junge Riese aber nahm seine Eisenstange und ging weiter.


Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 2 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V2_031.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)