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Der Umkreis dieser Welt ist bestimmt abgeschlossen; Könige und Königskinder, treue Diener und ehrliche Handwerker, nachdem der Erzähler sie kennt, Fischer, Müller, Köhler und Hirten, die der Natur am nächsten bleiben, erscheinen darin; was sich sonst hervorgethan, ist ihr unbekannt. Auch, wie in einer goldenen Zeit, ist noch alles belebt: Sonne, Mond und Sterne sind zugänglich und geben Geschenke; in den Bergen arbeiten Zwerge nach dem Erz, in dem Wasser schlafen Nixen, die Thiere, Vögel (Tauben sind die geliebtesten und hilfreichsten), Pflanzen, Steine reden und wissen ihr Mitgefühl auszudrücken; das Blut ruft und spricht, und so übt diese Poesie schon Rechte, wornach die spätere nur in Gleichnissen strebt. Dieses Zusammenleben der ganzen Natur und diese unschuldige Vertraulichkeit des Größten und Kleinsten, hat eine unbeschreibliche Lieblichkeit in sich und wir möchten lieber dem Gespräch der Sterne mit einem armen, verlassenen Kinde, als dem Klang der Sphären zuhören. Das Unglück ist eine finstere Gewalt, ein ungeheurer menschenfressender Riese, der doch besiegt wird, da eine gute Frau oder Tochter zur Seite steht und der nur die Freude am Glück erhöht, das sich dann endlos aufthut. Das Böse ist nicht ein Kleines, Nahstehendes und das Schlechteste, weil man sich daran gewöhnen könnte, sondern etwas Entsetzliches, streng Geschiedenes, dem man sich nicht nähern darf. Eben so furchtbar auch die Strafe: Schlangen und giftige Würmer verzehren ihre Opfer oder in glühenden Eisenschuhen muß es sich zu todt tanzen. Das alles redet unmittelbar zum Herzen und bedarf keiner Erklärung, aber bald ergiebt sich noch eine tiefere

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1819). Berlin: G. Reimer, 1819, Seite XXIII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_Grimm_1819_V1_v_023.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)